Firmenbefragung: Sigmaringen bekommt ein schlechtes Zeugnis
04.04.2018
Die IHK stellt Ergebnisse der Firmenbefragung vor: Knapp die Hälfte der Unternehmer würde den Standort nicht weiterempfehlen. Kritisch wird die Sicherheitslage gesehen.
Die Unternehmer Sigmaringens haben ihrem Standort im Vergleich mit anderen Kommunen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Dies ist das Ergebnis einer Standortumfrage, die unlängst von der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) vorgelegt wurde. Laut IHK haben in Sigmaringen 45 von 210 angefragten Unternehmen die Fragebögen ausgefüllt.
Damit sei das Ergebnis repräsentativ, sagt die Kammer. Als Stärken des Standorts Sigmaringen kristallisieren sich laut den Unternehmern die Versorgungssicherheit mit Strom, die Sport- und Freizeitmöglichkeiten, die Strompreise, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Verfügbarkeit von Wohnraum heraus. Handlungsbedarf sehen die befragten Unternehmen bei der Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften, der Erreichbarkeit Sigmaringens, der Breitbandversorgung, der allgemeinen Sicherheit und der medizinischen Versorgung.
Am deutlichsten wird die Kritik, als die Firmen gefragt werden, ob sie den Standort Sigmaringen anderen Unternehmern weiterempfehlen würden, wenn sie sich ansiedeln wollten. Die Antwort: Ein knappes Ja. Lediglich 56 Prozent würden Sigmaringen empfehlen, 44 Prozent antworteten mit Nein. Im Vergleich zum Kreisergebnis (69 Prozent Ja, 31 Prozent Nein) und dem IHK-Ergebnis (73 Prozent Ja, 27 Prozent Nein) stellen die Sigmaringer Firmen ihrem Standort eine schlechte Empfehlung aus. Insgesamt ist es sogar die schlechteste Bewertung im Raum Bodensee-Oberschwaben. Der IHK-Hauptgeschäftsführer Peter Jany versuchte bei der Vorstellung der Ergebnisse am Dienstagabend bei der Firma Kaut, dieses Urteil zu relativieren. „Es muss nicht zwangsläufig eine Unzufriedenheit bedeuten. Es kann auch eine Frage von Stolz oder des Wir-Gefühls sein.“
Spektakuläre Abnahme
Bürgermeister Thomas Schärer sagte vor 75 anwesenden Gästen, er habe gerade diesen Punkt der Befragung konsterniert zur Kenntnis genommen. Auf seine Frage, ob sie ihm die Gründe erklären könnten, meldete sich kein Unternehmer zu Wort. Wahrscheinlich muss im kleinen Kreis darüber gesprochen werden. Frank Oßwald, Regionalleiter der Volksbank, sagte: „Wir sehen uns schlechter als andere.“ Wenn er mit Menschen aus dem Umland spreche, die in Sigmaringen einkaufen oder ihre Freizeit verbringen, werde dies deutlich.
Die Unternehmer sehen die allgemeine Sicherheit in der Stadt kritisch. Sie ist ihnen wichtig und sie sind mit der Situation unzufrieden, so das Ergebnis. Im Vergleich mit anderen Kommunen belegt Sigmaringen den vorletzten Platz. IHK-Funktionär Jany sagte: „Nirgendwo hat die Zufriedenheit mit der allgemeinen Sicherheit so spektakulär abgenommen wie in Sigmaringen.“ Seiner Ansicht nach schlägt sich hier die „Flüchtlingsproblematik“ nieder. Die Umfrage ist im ersten Quartal des vergangenen Jahres erfolgt.
Die Kaufkraft in der Donaustadt ist ungebrochen hoch. Knapp hinter Bad Saulgau nimmt Sigmaringen hier den zweiten Platz im Kreis ein. Auch demografisch sehen die Bevölkerungsforscher ein Potenzial für Sigmaringen. Die Einwohnerzahl ist zuletzt gestiegen und bis 2035 wird laut den Prognosen besonders die Zahl der Unter-15-Jährigen enorm wachsen.
Abgefragt wurden 27 Standortfaktoren. Die Unternehmen sollten die Zufriedenheit und die Wichtigkeit des jeweiligen Faktors angeben. Das Zusammenführen beider Werte zeigt die Stärken. Das bedeutet: wichtige Standortfaktoren, mit denen die Unternehmen zufrieden sind. Die Versorgungssicherheit mit Strom und die Strompreise bezweifelten Anwesende als relevante Größen: „Ich finde diese Stärken ziemlich schwach“, sagte einer. Zufrieden sind die Unternehmer mit der Verfügbarkeit von Wohnraum, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und den Sport- und Freizeitmöglichkeiten in Sigmaringen.
Arbeit im Rathaus nun besser
Wo sehen die Unternehmen Handlungsbedarf? Es sind Themenfelder, die die Kommune nur schwer beeinflussen kann. Der Fachkräftemangel ist ein generelles Manko. Unverständlich ist für die IHK die Unzufriedenheit mit der Breitbandversorgung. „Nüchtern betrachtet müsste Sigmaringen weiter oben liegen“, sagte Peter Jany. Der frühere Landtagsabgeordnete Ernst Behringer bezweifelte die Werte zur medizinischen Versorgung, mit denen Unternehmen ebenfalls unzufrieden sind. Nicht neu ist, dass viele Sigmaringer mit der Erreichbarkeit über die Straße hadern, diese Unzufriedenheit wurde in der Befragung dokumentiert. Den Einkaufs- und Parkmöglichkeiten am Standort Sigmaringen stellen die Firmen ebenfalls ein schlechtes Zeugnis aus. „Wir können das nicht nachvollziehen“, sagte Jany.
Freuen dürfte die Stadtverwaltung in Sigmaringen, dass die Unternehmen die Arbeit des Rathauses inzwischen positiver bewerten. Bei der Befragung vor fünf Jahren hielt noch nahezu die Hälfte der Befragten das Rathaus in der Donaustadt für wenig wirtschaftsfreundlich.