Stuttgart/Zollernalbkreis

Eine Krone für Kretsch und ein Stempel für den Landrat

08.02.2018

von Uwe Stolz und Michael Würz

Die Narretei feiert fröhliche Urständ. Von Stuttgart bis nach Balingen spannt sich der Bogen von Brauchtum und Ämtersturm.

Wie jedes Jahr hatte Winfried Kretschmann die Narren schon einen Tag vor dem Schmotziga zum Empfang ins Neue Schloss eingeladen. Die Hästräger folgten der Einladung in großer Zahl.

Eine Krone für Kretsch und ein Stempel für den Landrat

© Uwe Stolz

Ministerpräsident Winfried Kretschmann mischt sich gerne unters Volk. Doch so nah kommt man dem Landesvater und seiner Ehefrau Gerlinde nicht alle Tage. Die Stettener Böcke jedenfalls hatten ihre helle Freude am Empfang im Neuen Schloss in Stuttgart.

Neben dem Narrenfreundschaftsring Schwarzwald-Baar-Heuberg waren auch Gruppen aus der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) mit dabei, darunter die Bockzunft aus Stetten a.k.M. Präsident Roland Wehrle hielt die Rede vor dem Neuen Schloss in Stuttgart und rügte den Ministerpräsidenten, da er zum Ritter in Aachen geschlagen wurde. Die Narren aus dem Süden adelten ihren Ministerpräsidenten auf andere Weise. Sie erhoben ihn zum König und zeigten dies durch eine Krone und eine rote Robe.

Winfried Kretschmann fragte die Narren besorgt, ob sie denn mit dem Bus oder zumindest in Fahrgemeinschaften nach Stuttgart gekommen seien, da wieder aktueller Feinstaubalarm sei.

Roland Wehrle überreichte im Namen der VSAN eine Spende in Höhe von 2444 Euro für das Kinderhospiz in Stuttgart. Kretschmann machte daraus gleich einen runden Betrag von 3000 Euro. Ministerpräsident Kretschmann lud die Gäste zu einem Essen mit anschließendem Umtrunk in den Marmorsaal des neuen Schlosses ein.

Narren stürmen Landratsamt

Nächster Morgen, 10.30 Uhr, Landratsamt Balingen: Die Bisinger Nichthuldiger und Kirchenmäus, der Hanga-Goascht und das Wedelweible stürmen die Behörde und fordern Landrat Günther-Martin Pauli zur Abgabe des Zehnten auf – begleitet von der Lumpenkapelle Daagdieab. Narrenmeister Rainer Hölle liest Pauli gehörig die Leviten, vergleicht das Zollernalb-Klinikum mit dem Berliner Flughafen (Stichwort: Brandschutzmängel) und mahnt: Der Landrat möge doch beim Bau der Zentralklinik – die Hölle gern in der „Großen Zollerkreisstadt Bisingen“ sähe – von vornherein darauf achten, dass die Vorschriften eingehalten werden. „Na musch dich au it im Nachhinein mit Schadensersatzforderunga rumschlaga.“

Eine Krone für Kretsch und ein Stempel für den Landrat

© Michael Würz

Der Landrat im Schmetterlingskostüm: Günther-Martin Pauli (rechts) muss den Zehnten abdrücken. Bisingens Narrenmeister Rainer Hölle verpasst ihm einen großen Stempel auf die Backe.

Schließlich, betont der Narrenmeister, würde auch von Vereinen verlangt, dass diese sich an strenge Vorschriften halten. Ein Narrentreffen zu veranstalten etwa gestalte sich zunehmend schwieriger. Pauli, wie viele Mitarbeiter des Landratsamts als „seltenes Insekt“ verkleidet (Schlachtruf: Schmetterling, flieg!, Motto: Vielfalt statt Einfalt) trägt die obligatorische Schelte am Schmotzigen mit Fassung. Auch, als Hölle auf den Ärger mit dem Burladinger Schultes und der „Hechinger Blondesse“ zu sprechen kommt – und dabei gar ein wenig Mitleid für den Landrat erkennen lässt.

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