Albstadt-Ebingen

Mythos in einer modernen Verpackung

22.11.2017

von Nico Pannewitz

Patrick Roth stellte im Kunstmuseum seine Christus-Trilogie vor.

Auch das Kunstmuseum Albstadt wurde im Rahmen der Albstädter Literaturtage jüngst zum Gastgeber. Um ein literarisches Werk aufzutreiben, das zur dortigen aktuellen Christusbild-Ausstellung passte, hatte sich Museumsleiterin Veronika Mertens im Vorfeld lange umgeschaut – und war schließlich bei Patrick Roth fündig geworden. Der 64-Jährige, der 37 Jahre lang in den USA als Drehbuchautor, Regisseur und Filmjournalist arbeitete und mittlerweile in Mannheim wohnt, hat sich seit den 90er-Jahren dem literarischen Schreiben verschrieben. Passend vor Gemälden und Zeichnungen im ersten Stock, beehrte Patrick Roth die über 70 Besucher der Veranstaltung mit einer Lesung aus seiner „Christus-Trilogie“.

Mythos in einer modernen Verpackung

© Nico Pannewitz

Der Autor Patrick Roth nutzt einen literarischen Kniff, den er den Besuchern im Kunstmuseum verriet.

Neue Blickwinkel

Der 2017 neu aufgelegte Sammelband, der aus den in den 90ern erschienenen Einzelwerken „Riverside“, „Johnny Shines“ und „Corpus Christi“ besteht, hat dabei einen besonderen Kniff: Statt alte mythische Motive und Elemente der Bibel aufs Neue herunterzuleiern oder zu interpretieren, packt Roth diese in neue erzählerische Rahmen, Blickwinkel und Formen, wie er mit seinen Lesezitaten unter Beweis stellte. So wiederholte er in „Riverside“ nicht die Geschichte Hiobs oder des Wunderheilers Jesus, sondern kombinierte diese Motive neu in der Perspektive eines anderen Mannes, der zur Lebzeit Jesu aussätzig wird, deshalb mit Gott und der Welt hadert und später von Jesus in seinem Versteck in der jüdaischen Wüste besucht wird.

In seinem zweiten Lesebeispiel aus „Johnny Shines“ erzählte Roth zudem die Geschichte eines Mannes, der um die vorige Jahrtausendwende in der amerikanischen Mojave-Wüste Beerdigungen fremder Menschen besucht und versucht, die Toten wieder aufzuwecken. Motive wie Wiederauferstehung, göttliche Bestimmung und Sündenfall werden hier in neuen, teils recht dramaturgischen, filmähnlichen Bildabfolgen in Schriftform verarbeitet – komplett mit neuen Protagonisten oder erfundenen, beziehungsweise veränderten Geschichten der Bibelfiguren.

Warum Patrick Roth biblische Motive auf diese Weise in die Neuzeit überträgt? Neben einer Grundfaszination für das „Unendliche“ begründete der Autor seine Motivation unter anderem mit seinem Eindruck, dass viele biblische Motive bei vor allem jungen Menschen heute nicht mehr verfangen. „Sie sind abgenutzt“, sagte Roth. „Viele Bilder kennt man gar nicht mehr.“ Als Beispiel nannte er den Stab Mose. „Diese mögen zwar in psychologischen Tiefenschichten oder in Träumen noch vorhanden sein, werden aber nicht mehr als das erkannt, was sie sind“, so der Autor. „Die Verbindung zum Mythos ist abgebrochen.“

Motive lebendig erhalten

Indem er die Wege innerhalb der biblischen Urtexte also immer mal wieder verlässt, sich auf selbst geschaffene Details am Wegesrand konzentriert und diese in neue, spannende Geschichten verpackt, hofft er, die Motive für neue Generationen wieder lebendig machen zu können. Dass er als ehemaliger Filmschaffender ohnehin ein Auge für kreative Bilder und Details hat, kommt ihm dabei zugute. So stammt beispielsweise das Bild des vermummten Mannes in der Höhle aus „Riverside“ ursprünglich aus einem seiner Träume.

Beim Albstädter Publikum kam Patrick Roths unkonventionelle literarische Herangehensweise bestens an: Während er zwischendurch immer mal wieder Fragen beantwortete, signierte er nach der Lesung noch fleißig Exemplare seiner „Christus-Trilogie“.

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