Albstadt-Ebingen

Seine Geschichten stehen in keinen Musiklexikon

20.11.2017

von Katja Weiger

Günter Schneidewind hat viele Rockgrößen interviewt. Einige Anekdoten gab er im Gymnasium preis.

Für Schneidewind war die Lesung im Ebinger Gymnasium eine Art Rückkehr an alte Wirkungsstätte. Der bekannte Radiomoderator ist nicht nur Rock- und Popfachmann, sondern war in seinem früheren Leben schließlich auch Englisch- und Deutschlehrer. „Darum mache ich nach 45 Minuten eine Pause. Wie früher.“

Seine Geschichten stehen in keinen Musiklexikon

© ? kasi

Zu jeder Signatur ein paar persönliche Worte, ein kleines Gespräch: Günter Schneidewind signierte nach der Lesung seine Bücher.

Der „Große Schneidewind“ – wenn jemand das eigene Buch so betitelt, kommt er womöglich in die Verlegenheit, sich mit dem Vorwurf der Unbescheidenheit auseinandersetzen zu müssen. Der beliebte Musikredakteur verdankt den hochachtungsvollen Beinamen jedoch seinem Moderationskollegen Thomas Schmidt – in Anlehnung an den „Großen Brockhaus“.

Günter Schneidewind selbst würde sich selbst vielleicht als „Dampfplauderer“ beschreiben, und damit läge er wohl gar nicht so falsch. Klar, der 64-Jährige ist Radiomann durch und durch. Er ist einer, der Anekdote um Anekdote heraushauen kann, quasi am laufenden Band. Wie er in den 90ern seinen späteren „Überraschungsgast“ Ian Gillan von „Deep Purple“ auf der Herrentoilette kennenlernte. Oder wie ihm David Bowie aus der Patsche half, als er vor einer Livesendung vergessen hatte, den Plattenteller zu bestücken. Wie er die pressescheue Enya davon überzeugte, ihm und keinem anderen ein Interview zu geben.

Günter Schneidewind ist ein unterhaltsamer Erzähler, eine richtige „Wundertüte“, was Rock und Pop angeht. Ein Profi, der aus seinem Bauchladen zwar keine salzigen Erdnüsschen und bunten Bonbons zaubert, dafür aber witzige, kuriose und erlebte Storys, die in keinem Musiklexikon der Welt stehen. Das Zuhören wird nie langweilig, denn Schneidewind, vor rund 20 Jahren durch die erste gesamtdeutsche Hitparade von der ehemaligen DDR ins „Ländle“ gelockt, kann auf seiner Zeitreise viel preisgeben und tut das gern.

Es geht um Lachanfälle des „Kings“, Elvis Presley, verursacht durch ein verrutschtes Toupet im Saal. Um dichten Zigarrenqualm von Udo Lindenberg oder Chris de Burghs persönliche Miss World. Günter Schneidewind liest auch, aber er erzählt viel lieber frei heraus. Untermauert werden die Anekdoten durch viele Songs vom Laptop, mitgeschnittene Interviewpassagen, mit Übersetzung und ohne, Filme oder Fotos. Eine bunte Kollage also für jeden Musikfan – obwohl sich die Zeiten geändert hätten, wie der Fachmann findet. „Heute gehen Mutter und Tochter gemeinsam zum Bon-Jovi-Konzert“, konstatiert der aus der ehemaligen DDR stammende Moderator. „Früher hatte man wegen seines Musikgeschmacks nicht nur Eltern und Lehrer gegen sich, sondern womöglich auch noch den Staat.“

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