Meßstetten

Geduld der Meßstetter wird auf eine harte Probe gestellt

13.11.2017

von Gudrun Stoll

Ist längst entschieden, dass die Zollernalbkaserne zur Polizeischule wird? Das Innenministerium sagt Nein. In Wertheim ist man da schon einen Schritt weiter.

Das Innenministerium wollte heute einen SWR-Bericht nicht bestätigen, wonach die Standortfrage für zwei weitere Polizeischulen gefallen sei und sowohl Wertheim wie auch Meßstetten zum Zuge kommen. Laut diesem Bericht sollen ab dem kommenden Jahr in der Zollernalbkaserne bis zu 800 Polizeianwärter für den mittleren Dienst ausgebildet werden. Auch der Name des künftigen Leiters wird hinter vorgehaltener Hand schon gehandelt. Er soll aus Albstadt stammen.

Geduld der Meßstetter wird auf eine harte Probe gestellt

© Gudrun Stoll

Bei Sonnenschein und Minusgraden besuchten am Dienstag Vertreter der Polizei, des Ministeriums und der Bauämter die Zollernalbkaserne. Ob sie Schulstandort wird, bleibt nach wie vor offen.

In Meßstetten würde man die Polizeischüler willkommen heißen, für die Kaserne böte sich im Zeitraum von fünf Jahren eine sinnvolle Perspektive, die der Stadt immer noch Raum ließe, auf weiteren Teilen des Geländes in die Planungen für ein Gewerbegebiet einzusteigen.

Doch das Innenministerium tritt auf die Bremse: Noch sei keine Entscheidung gefallen, teilte die Pressestelle mit. Sachstand sei, dass der zentrale Studienstandort der Landespolizei in Villingen-Schwenningen gestärkt werde. „Wir prüfen in intensiven Gesprächen mit der Stadt und dem Landkreis, ob die wachsende Studentenzahl am Standort der Kernhochschule selbst bewältigt werden kann“, heißt es in der Mitteilung wörtlich. Und weiter: „Wertheim und Herrenberg werden in jedem Fall Standorte für Bildungseinrichtungen der Polizei. Details hierzu werden gegenwärtig erörtert. Es wird außerdem geprüft, ob ein weiterer Ausbildungsstandort erforderlich sein wird“.

Geduld der Meßstetter wird auf eine harte Probe gestellt

© Gudrun Stoll

Dienstagmorgen vor der Kaserne: Autos mit Kennzeichen aus ganz Baden-Württemberg sind da.

Dass die Polizei in Herrenberg ein neues Quartier erhält, ist längst Fakt. Das ehemalige IBM-Schulungszentrum wird bereits umgebaut. Wie aus Polizeikreisen zu erfahren war, kann die Ausbildung aber erst im Herbst 2018 beginnen. Dies sei mit ein Grund, warum ein weiterer Schulstandort benötigt wird. Das Stichwort Wertheim lässt aufhorchen: In allen bisherigen Anfragen hat die Pressestelle des Innministerium stets darauf verwiesen, dass alle Entscheidungen über künftige Standorte offen seien. In einem geordneten Verfahren und in enger Abstimmung der Koalitionspartner werde man sich spätestens zum Jahresende einigen.

Doch der Chef der CDU-Landtagsfraktion ist offenbar besser unterrichtet als der Rest der Landesregierung. Wolfgang Reinhart ließ bereits im Oktober die Bürger in seinem Wahlkreis Main-Tauber wissen, dass die ehemalige Polizeiakademie in Wertheim als Außenstelle der Polizeihochschule (in Villingen-Schwenningen) reaktiviert werde und berief sich dabei auf die Zusage von Innenminister Thomas Strobl. Über diesen Sachstand berichteten die Fränkischen Nachrichten am 25. Oktober in ihrer Online-Ausgabe. Erst am Dienstag hat das Innenministerium ganz offiziell die Wiederansiedlung Wertheim bestätigt.

Dass es Absprachen zwischen Minister Strobl und seinem CDU-Parteifreund Reinhart gegeben habe, wurde seit längerer Zeit kolportiert. Die knappe Mitteilung aus dem Ministerium hat nun Fakten geschaffen. Meßstetten verharrt derweil in Wartestellung. Wobei die Chancen auf eine Polizeischule so schlecht nicht stehen.

Unseren Informationen zufolge gab es am 6. November ein Treffen, an dem Vertreter der Bauämter (Vermögen und Bau), des Finanzministeriums, der Polizeiabteilung im Innenministerium und der Rektor der Hochschule für Polizei teilgenommen haben. Diese Spezialeinheit habe die Ausbaumöglichkeiten der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen geprüft, um Kapazitäten für 1700 Polizeistudenten zu schaffen. Als weitere Aufgabe hatte diese Gruppe zu prüfen, welche Standorte auf Zeit in Frage kommen. Der Fokus habe sich dabei auf (das längst gesetzte) Wertheim, Meßstetten und Mengen gerichtet.

Die Task Force ist offenbar zum Ergebnis gekommen, dass der Standort Meßstetten ertüchtigt werden kann für die Ausbildung zum mittleren Dienst und die sogenannte Vorausbildung zum gehobenen Dienst.

Ob die Zollernalbkaserne den Tauglichkeitstest bestanden hat, könnte sich am Mittwoch entschieden haben. Für einen ganzen Konvoi an Fahrzeugen öffneten sich die Schranken, darunter Besucher aus Villingen-Schwenningen (Polizeihochschule), Tübingen (Amt für Vermögen und Bau), Stuttgart (Ministerium), Karlsruhe, Ulm und Biberach – von dort wird die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes gesteuert. Das Innenministerium hat auf unsere Anfrage hin bestätigt, dass tatsächlich eine Begehung stattgefunden habe.

Ein weiteres Mosaiksteinchen zum Gesamtbild liefert die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), welche das Kasernenengelände für den Bund verwaltet. Das Land muss die Liegenschaft für die Nutzung als Polizeischule anmieten. Das Presseamt der BImA hat am Dienstag bestätigt, dass eine entsprechende Anfrage des Landes vorliege. Ein Vertrag wurde noch nicht geschlossen, aber in Kürze stünden Gespräche an.

 

Kommentar: Politische Kultur? Von wegen

Um Klartext zu reden: Die Polizei möchte Schulstandorte mit langfristiger Perspektive, möglichst in der Nähe der Ballungszentren. Doch die Politik schustert an Übergangslösungen, die Millionen kosten. Die Meßstetter Bemühungen um eine sinnvolle Nachnutzung der Kaserne schmälert diese Sicht von außen in keiner Weise.

Aber das Innenministerium fährt einen bedenklichen Schlingerkurs. Dass Wertheim längst gesetzt ist als Schulstandort, während offiziell immer noch an der Mär von offenen Entscheidungen festgehalten wird, wirft kein gutes Licht auf die politische Kultur. Innenminister Strobl hat ganz offensichtlich mit seinem Parteifreund Reinhart Hinterzimmerpolitik betrieben.

Nicht allein Stuttgart 21, sondern auch Mauschelei und Freundschaftsdienste haben bei der Landtagswahl 2011 die CDU nach 58 Jahren Alleinherrschaft die Macht gekostet. Manche Politiker haben offenbar nichts dazu gelernt. Die Bürger wollen nicht hingehalten werden, sondern klare Antworten. gs

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