Balingen

Gefangene fliehen aus dem Alltag: ein Selbstversuch

31.10.2017

von Benno Schlagenhauf

Der ZOLLERN-ALB-KURIER wagt sich als eines der ersten Teams in die neue Escape-Area in Weilstetten – und findet auch wieder heraus.

Klick. Die Tür fällt ins Schloss und die Zeit läuft. 60 Minuten Zeit haben wir, vier Mitarbeiter des ZOLLERN-ALB-KURIERS, um unsere Mission zu erfüllen. Das bedeutet nichts weniger als die Rettung der Menschheit.

Gefangene fliehen aus dem Alltag: ein Selbstversuch

© Hannes Mohr

Gibt es in den Büchern Hinweise auf einen Ausweg? Was hat es mit der alten Schreibmaschine auf sich? John Warren, Benno Schlagenhauf, Jessica Binder (von links) und Hannes Mohr (nicht im Bild) haben für den ZOLLERN-ALB-KURIER die neue Escape-Area in Weilstetten ausgetestet.

Wir sind an diesem Tag eines der ersten Teams, das die Escape-Area Zollernalb, die vor wenigen Tagen in der Weilstetter Hauptstraße eröffnet hat, testen darf.

Als die Türen sich schließen, finden wir uns in einem Büro im britischen Stil wieder, das auch Sherlock Holmes gut gefallen hätte: dunkles Holz, Kronleuchter, Laternen, ein beleuchteter Globus – eigentlich recht gemütlich. Doch wir müssen einen Ausweg aus dem Raum und das versteckte Antiserum gegen eine grassierende Pandemie finden, die die Menschheit auszurotten droht. Ansonsten ist das Spiel verloren. Damit die Mission gelingt, gilt es Hinweise zu suchen, Rätsel zu lösen und Schlösser zu knacken.

„Viele Gruppen nutzen den Besuch in einem Escape-Room auch zur Teambildung“, sagt Peter Ament, einer der Betreiber der Weilstetter Anlage. „Man kann seine Kollegen – gerade die aus anderen Abteilungen – beim Spiel ganz anders kennenlernen.“ Wir merken schnell: Ohne Teamwork und sinnvolle Arbeitsteilung kommt man hier nicht heraus. Während wir uns am Anfang noch zu viert auf jeden neuen Hinweis stürzen, gehen wir nach einer Weile unabhängiger voneinander, strukturierter vor und lösen mehrere Rätsel parallel. Schließlich stehen wir unter nicht geringem Zeitdruck.

„Wir haben das Spielkonzept so entwickelt, dass nicht ein Rätsel zwingend auf das andere aufbaut, so können gleichzeitig alle Mitspieler an Aufgaben knobeln“, sagt Jasmin Daub vom Escape-Area-Team. „Alle Spieler haben dadurch jederzeit die Chance, sich einzubringen.“

Spaß- und Spannungslevel sind im Escape-Room dauerhaft hoch. So flüchten wir nicht nur aus dem Büro, sondern für 60 Minuten auch aus dem Alltag. Das Team schätzt jedoch nicht nur den Unterhaltungswert und den hohen Spaßfaktor, es schaut auch interessiert und mit geschultem, analytischem Auge auf die Protagonisten im Spiel: „Man kann beobachten, dass die Leute in Rollen und Verhaltensweisen fallen, die man so auch aus dem Berufsleben kennt.“ Auf Wunsch bieten die Betreiber an – gerade bei Firmengruppen – den Spielverlauf mit professionell ausgebildeten Coaches auszuwerten.

Ein Gong erklingt. An einer Stelle, an der wir mit unseren Bemühungen einfach nicht mehr weiterkommen, meldet sich der Spielleiter, der uns die ganze Zeit über eine Kamera beobachtet und uns kleine Hinweise gibt, damit es im Spielfluss weitergeht.

Und schließlich, nachdem wir unzählige Codes geknackt haben, um Schubladen und Türen zu öffnen, hinter der sich dann wieder ein neues Rätsel verbarg und nicht das erhoffte Antiserum, halten wir das kleine Medizinfläschchen rund vier Minuten vor Ablauf der Zeit doch in den Händen. Wir haben es geschafft. Die Menschheit ist gerettet.

 

Vom Bildschirmvergnügen ins reale Leben: Live-Escape-Games

Ursprung Mitte der 2000er-Jahre gab es die ersten Escape-Games für den Computer. Dabei ging es darum, per Mausklick aus einem abgeschlossenen Raum, in dem man gefangen ist, zu fliehen (engl. escape – Flucht). Einige Jahre später wurde das Spielprinzip in Japan erstmals auf die reale Welt übertragen.

Trend Über Osteuropa kamen die Live-Escape-Games vor rund vier Jahren auch nach Deutschland. Besonders in Großstädten gibt es eine rege Szene. Im ländlichen Raum ist das Konzept noch relativ unbekannt und nicht so weit verbreitet – das Escape-Area-Team ist der erste Anbieter im Zollernalbkreis: „Bei Firmenveranstaltungen haben internationale Geschäftskunden häufig nach Escape-Games in der Region gefragt“, erklärt Peter Ament. „Da wussten wir noch gar nicht was das ist, doch nachdem wir es dann ausprobiert haben, waren wir sofort von der Idee begeistert.

Pläne Bislang gibt es in Weilstetten einen Raum zum Spielen. Darin muss eine Pandemie abgewendet werden. Ein zweiter soll bereits im Frühjahr öffnen. Doch auch darüber hinaus sind noch weitere Räume geplant. Nach ein bis zwei Jahren sollen bestehende Räume überarbeitet werden, um mit neuen Rätseln wieder neue Anreize für die Spieler zu schaffen. bs

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