Dotternhausen

Ein Hin und Her um Holcims Müllverbrennung

14.06.2017

von Nicole Leukhardt

Holcim darf in Dotternhausen weiter zu 100 Prozent Abfälle verbrennen. Einen von Norbert Majer erwirkten Genehmigungsstopp hat das RP kassiert. Mit Download

Wieviel Ersatzbrennstoffe darf das Dotternhausener Zementwerk Holcim einsetzen? Derzeit 100 Prozent. Dies bestätigte das Regierungspräsidium Tübingen. Die Vorgeschichte ist allerdings komplex.Der Konzern hatte beim Regierungspräsidium Tübingen einen Antrag gestellt, statt wie bisher 60 Prozent künftig 100 Prozent Ersatzbrennstoffe, also aufbereitete Abfälle, verwenden zu dürfen. Dieser Antrag war im Februar von der Behörde genehmigt worden.

Ein Hin und Her um Holcims Müllverbrennung

© Rosalinde Conzelmann (Archiv)

Der Streit um die Müllverbrennung bei Holcim geht weiter.

Doch schnell bildeten sich Widerstände. Die Bürgerinitiative Pro Plettenberg startete eine Unterschriftensammlung im Netz, die noch bis Oktober laufen wird. Und damit nicht genug: Im April reichte der in den Dotternhausener Bürgerinitiativen engagierte Norbert Majer beim Sigmaringer Verwaltungsgericht Klage gegen diese Genehmigung ein. „Eine Klage hat zunächst aufschiebende Wirkung“, erklärt Pressesprecher Otto-Paul Bitzer auf Nachfrage. „So lange die Klage anhängig ist, darf kein Gebrauch von der Erlaubnis gemacht werden, die das RP Tübingen im Februar erteilt hat“, schildert er weiter.

Von diesem Sachstand geht auch die Presseerklärung von Norbert Majer und der Bürgerinitiative Pro Plettenberg vom vergangenen Mittwoch aus, die den Titel „Ersatzbrennstoffverbrennung auf 100% gestoppt“ trägt.
Darin heißt es: „Holcim darf während der Dauer des Rechtsstreits nur maximal 60 Prozent Ersatzbrennstoffe (Industrie- und Hausmüllabfälle) verbrennen. Der Rest muss wie bisher durch Kohle ersetzt werden.“

Die Klage, die der Dotternhausener Altbürgermeister Norbert Majer auch mit Unterstützung 16 weiterer Einsprecher und der BI Pro Plettenberg eingereicht hat, wird damit begründet, dass es „erhebliche Verfahrensfehler gegeben hat“. Die Bevölkerung sei nicht rechtzeitig informiert worden, außerdem habe man weder eine Stellungnahme der Stadt Balingen als Trägerin öffentlicher Belange, noch der Gemeinde Dotternhausen eingeholt. Besonders aber wird bemängelt, dass das Regierungspräsidium eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte anordnen müssen.

Auch Umwelt- und Naturschutzverbände stünden den Aktivisten mittlerweile zur Seite, allein, an den Kostenrisiken wolle sich niemand beteiligen.
Das Regierungspräsidium Tübingen allerdings hat bereits Ende Mai seine Genehmigung vom Februar für vollziehbar erklärt. Das bedeutet: Holcim darf mit sofortiger Wirkung von der Erlaubnis Gebrauch machen, 100 Prozent Ersatzbrennstoffe einzusetzen. „Die aufschiebende Wirkung der Klage entfällt damit“, erklärt Otto-Paul Bitzer.

Dies bestätigt auch der Pressesprecher des Regierungspräsidiums, Simon Kistner. Er sagt außerdem: „Jetzt könnte der Kläger die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage beantragen.“ Dann würde das Gericht im Eilverfahren die Erfolgsaussichten der Klage prüfen und eine Abwägung treffen, ob die Interessen von Holcim oder die des Klägers mehr Gewicht haben. Vier Wochen habe der Antragssteller dafür Zeit ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids.

Für Norbert Majer kam die Kunde von der Entscheidung des Regierungspräsidiums am Mittwoch jedoch völlig überraschend. Er kündigte bereits im Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER an, die Entscheidung der Tübinger Behörde anzufechten. „Dagegen werden wir vorgehen“, versicherte er.
Ob und warum der Kläger vom Regierungspräsidium offenbar nicht direkt informiert worden war, konnte auch Pressesprecher Simon Kistner nicht beantworten.

Die Firma Holcim wollte sich zum laufenden Genehmigungsverfahren nicht äußern. In einer Stellungnahme stellte eine Unternehmenssprecherin jedoch klar: „Die Stellungnahme der BI ist inhaltlich und rechtlich falsch. Gerne möchten wir auch den folgenden Punkt richtigstellen: Wir verwenden keinen Hausmüll als Ersatzbrennstoff, sondern lediglich die dafür zugelassenen, speziell aufbereiteten, nicht anderweitig recyclebaren Industrieabfälle.“

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