Sigmaringen

AfD-Bürgerdialog: Proteste, Höcke-Rufe und die Presse am Pranger

13.05.2017

von SZ

Zum Bürgerdialog der AfD kamen am Donnerstag etwa 300 Zuhörer in die Sigmaringer Stadthalle.

Mehr als drei Stunden diskutierten AfD-Politiker über die Probleme illegaler Zuwanderung. Während der emeritierte Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider seine islamfeindlichen Thesen verbreitete, wurde auf der Leinwand ein mit Kopftuch verschleiertes Mädchen gezeigt.

Nach seinem mehr als einstündigen Referat stellte die Landtagsfraktion ihr Programm zur Flüchtlingspolitik vor, sie nennt es „Fit for return“. Dieses Programm zielt darauf ab, die in Deutschland lebenden Flüchtlinge möglichst zügig in ihre Heimatländer zurückzuführen. Der Frontmann der baden-württembergischen AfD, Jörg Meuthen, erreichte Sigmaringen mit deutlicher Verspätung.

Als er sein Grußwort sprach, grölten einige Besucher vor Begeisterung. „Wir wollen die direkte Demokratie“, sagte Meuthen und leitete zum Bürgerdialog über. Alle Fragen wurden zugelassen, auch kritische. So fragte etwa ein Besucher aus Bingen den Landtagsabgeordneten Daniel Rottmann, wie er sich in seinem Internetauftritt als Christ bezeichnen, aber gleichzeitig menschenverachtende Positionen in der Flüchtlingspolitik einnehmen könne.

Aus dem Publikum erklangen „Buh“-Rufe gegen den Fragesteller. Rottman widersprach, dass die AfD-Forderungen menschenverachtend oder hetzerisch seien. Sein Fraktionskollege Stefan Herre aus Balingen fragte den Binger, wie er es denn mit der christlichen Nächstenliebe vereinbaren könne, dass syrische Christen in deutschen Flüchtlingsunterkünften von Muslimen schikaniert würden. Der Binger verließ kurze Zeit darauf die Stadthalle.

Die übrigen Fragesteller aus den Zuschauerreihen standen so gut wie alle der AfD nahe. Immer wieder brandete Applaus bei den Aussagen der sechs Abgeordneten auf. Ein weiterer Zuschauer bezeichnete sich selbst als AfD-Anhänger. Er kritisierte, dass die Abgeordneten zu oft ihre internen Streitigkeiten in der Öffentlichkeit austragen würden.

Dies sei ein gefundenes Fressen für „die Ratten der Lügenpresse“, meinte der Mann. Der Zuschauer wünschte sich zudem, dass bei der übernächsten Bundestagswahl der thüringische AfD-Chef Björn Höcke als Bundeskanzler hervorgehen solle – auch für das Amt des Bundespräsidenten sei Höcke geeignet. „Höcke, Höcke“, riefen sogleich einige im Saal. Andere Zuschauer verließen daraufhin die Stadthalle.

Stefan Herre entgegnete dem Mann, dass die AfD um einen vernünftigen Umgang mit den Vertretern der Presse bemüht sei. Er führe sehr sehr viele Hintergrundgespräche. Es sei daher nicht sinnvoll, Journalisten als „Ratten“ zu bezeichnen.

Polizei und ein Sicherheitsdienst hatten die Parkplätze vor dem Eingang abgeriegelt, um den Zugang kontrollieren zu können. Zwölf kritisch eingestellte Schüler durften die Stadthalle erst betreten, nachdem sie ihre Ausweise abgegeben hatten. Laut Polizeisprecher Fritz Bezikofer verstieß der Sicherheitsdienst damit gegen die Vorschriften.

Die Polizei war mit mehreren Mannschaftswagen im Einsatz. Laut Polizei ist der Einsatz ruhig verlaufen. Vor der Stadthalle hatte sich Widerstand gegen die Veranstaltung formiert. Laut Polizei versammelten sich dort etwa 30 Gegendemonstranten, die Initiatoren sprachen jedoch von zeitweise bis zu 70 Teilnehmern.

„Wir haben heute Morgen eine Spontankundgebung angemeldet“, sagte einer der Initiatoren, der nicht namentlich genannt werden möchte. „Wir wollen ein klares Zeichen setzen, dass die AfD in Sigmaringen keinen Platz hat.“

Die Partei habe sich die Landeserstaufnahmestelle als Thema herausgepickt, um gezielt Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Sein Mitstreiter Pius Kroll war von der Resonanz auf den Aufruf überwältigt.

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