Winterlingen

Nichts wie raus: Winterlingens Planetenweg und das Naturfreibad

05.05.2017

von Volker Schweizer

Bereits seit zehn Jahren besteht der Planetenweg Winterlingen. Im vergangenen Jahr wurde er grundlegend saniert und steht damit an der Spitze vergleichbarer Einrichtungen in Deutschland.

Er ist der einzige, in dem Zeit und Raum der Schöpfung dargestellt werden und beinhaltet dabei Unikate wie das filigrane Sonnenmodell oder den „Urknall“ nach griechischer Mythologie.

Bei seinem Besuch im Pfarrhaus in Benzingen im Jahr 1917 benutzte Albert Einstein vermutlich die einstige Römerstraße bei Winterlingen. Und genau entlang dieser historischen Straße errichtete die Gemeinde Winterlingen 2006 ihren außergewöhnlichen Planetenweg, ermöglicht dank einer Förderung durch die Europäische Union und das Land Baden-Württemberg. Der Weg ist durchgängig maßstäblich und komplett dreidimensional, und als einziger beschreibt er im „Zeitpfad“ die Entwicklung des Alls vom Urknall bis heute. Er zeigt die Größenverhältnisse im Makrokosmos der Planeten und auch den Mikrokosmos in einem Atommodell.

Nichts wie raus: Winterlingens Planetenweg und das Naturfreibad

Fotos: Wfg/Volker Bitzer

Der Planetenweg beginnt am südlichen Ortsrand von Winterlingen, an der Sporthalle beim Freibad gibt es ausreichend Parkplätze. Eine kurze Wegstrecke führt vorbei am Altenheim „Kleebühl“ über die B463 zum Ausgangspunkt. Dort warten ein filigranes und dreidimensionales Sonnenmodell mit 1,39 Metern Durchmesser sowie ein begehbares Atom-Modell auf die Wanderer.

Gerecht für Kinderwagen und Rollstuhl

Auch werden hier gleich die Fragen beantwortet, die bei Führungen oft gestellt worden sind. Da der Planetenweg frei zugänglich ist, erhält jeder Besucher an dieser Stelle weitreichende Informationen über unser komplettes Sonnensystem, über Zeit und Raum, Vergangenheit und Zukunft des Alls und unseres Heimatplaneten Erde. Dann kann es losgehen; die gesamte Wegstrecke ist befestigt und auch für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer geeignet. Ein Blick zurück zum Sonnenmodell am Startpunkt ist selbst nach 4,5 Kilometern Wanderstrecke, am Modell des äußersten Planeten Neptun beim Weiler Blätt-ringen, möglich. Dabei erscheint das Sonnenmodell dem Betrachter in der Größe, wie es ein Weltraumfahrer auf dem Planeten Neptun sehen könnte als kleiner, gelber Punkt am Horizont.

An den einzelnen Planeten-Stationen, die im maßstabsgetreuen Abstand entlang der Strecke aufgestellt wurden, sind alle wichtigen Daten und Fakten zu den Himmelskörpern auf Informationstafeln aufgeführt. Die Planetenmodelle sind detailliert mit ihrer Dreh- und Umlaufachse dargestellt. Ein jeweiliger Größenvergleich zwischen Sonne und Planeten macht die großen Unterschiede begreifbar. Eine Wanderung auf dem Winterlinger Lehrpfad ist wie ein Flug mit Überschallgeschwindigkeit durch unser Sonnensystem: Ein Meter des Weges entspricht einer Million Kilometer im Weltall! Um an das Modell des nächsten Sterns zu gelangen, müsste man allerdings die Erde umrunden.

Aber nicht nur Wissen vermittelt der Weg: Herrliche Aussichten weit über die Albhochfläche, in das Tal der Schmeie und Lauchert und über die Donau bieten sich entlang der Strecke. Bei klarem Wetter ist immer wieder ein herrliches Alpenpanorama zu bewundern.

Fünf Zwergplaneten sind mit dabei

Die Erforschung des Alls hat in den vergangenen zehn Jahren jedoch riesige Fortschritte gemacht, manche Erkenntnisse mussten korrigiert werden. Die Internationale Astronomische Union setzte neue Maßstäbe in ihrer Definierung, sehr genaue Fotos von den Planeten können inzwischen gezeigt werden.

All dies nahm der Initiator des Planetenwegs, Erwin Seßler, zum Anlass, die Planeten-Stationen grundlegend zu erneuern und auf den aktuellen Stand zu bringen. Insbesondere sind nun die fünf derzeit bekannten Zwergplaneten unseres Sonnensystems komplett aufgenommen und beschrieben. Außerdem wurden alle Planetenmodelle neu erstellt. Lehrlinge der IHK-Werkstatt in Albstadt fertigten die Drehteile auf genaues Maß. Völlig neu sind auch die Darstellungen des Asteroidengürtels und des Kuipergürtels am Planetenweg, in denen die Zwergplaneten ihre Bahn um die Sonne haben.

Der Rückweg führt die Besucher entlang des „Zeit-Pfades“, beginnend mit einer mythologischen Darstellung des Urknalls vor 13,7 Milliarden Jahren. Von der Entstehung der Galaxien unserer Sonne bis zu den Jurameeren teilen Infotafeln die Zeitabschnitte in entsprechende Wegstrecken ein. Zusätzlich wird die Entstehung der Schwäbischen Alb auf einer Schautafel des Zweckverbandes Bodensee-Wasserversorgung bildlich dargestellt.

Seit seinem Bestehen hat der Planetenweg unzählige Besucher aus ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus nach Winterlingen gelockt. Vereine und Gruppen nutzen rege die Möglichkeit von Führungen und so manche Schule verlegt Unterrichtsstunden vom Klassenraum an den Planetenweg. Eine räumlich anschauliche Darstellung wie hier passt eben in kein Schulbuch und das Wissen um „Zeit und Raum“ hilft, die Großartigkeit der Schöpfung besser zu verstehen.

Kretschmann erkundet Sonnensystem

Zu den prominentesten Wanderern entlang des Planetenwegs zählt Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der 2016 zur Erweiterung des Planetenweges sogar ein Grußwort sandte. Darin lobte er den wichtigen Beitrag, den der Planetenweg für die Bildungsvielfalt in Baden-Württemberg leiste. Er betonte auch, dass in einem Land, in dem Bildung groß geschrieben werde, es ihm ein Anliegen sei, vielen Menschen, insbesondere der jungen Generation, einen einfachen Wissenszugang zu ermöglichen. Mit dem Planetenweg werde die Weite des Universums für Jedermann anschaulich und kreativ verdeutlicht.

Nach dem letzten der insgesamt acht Planeten führt der Weg weiter für sportliche Rad- und E-Bike-Fahrer bis zum Zündapp-Museum in Sigmaringen, wo sich ein Modell des äußersten Zwergplaneten Eris befindet.

Wer sich vorab schon mit dem Planetenweg befassen möchte, findet auf der Internetseite der Stadt Winterlingen eine passende Broschüre zum Download sowie ein Miniplanetenspiel.

Nichts wie raus: Winterlingens Planetenweg und das Naturfreibad

© oha

Nichts wie raus: Winterlingens Planetenweg und das Naturfreibad

© Archiv- Gemeinde

Das Winterlinger Naturfreibad ist beliebt bei kleinen und großen Wasserratten. Am 1. Juni startet die Freiluftsaison.

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Planetenweg befindet sich in Winterlingen das Naturfreibad, das bei Schwimmern und Sonnenanbetern sehr beliebt ist. Bis zu 1000 Besucher sind an einem heißen Tag keine Seltenheit. Zurzeit wird die Anlage auf Hochglanz getrimmt.

Die Freiluftsaison startet wie immer am 1. Juni – mit einer Neuerung, die sicherlich alle Wasserratten freut. Das Bad hat über 90 Tage durchgängig geöffnet. Bei Regen und kühlen Temperaturen wurden in der Vergangenheit die Tore geschlossen. In das Hallenbad kann dieses Jahr nicht ausgewichen werden, da dieses bis in den Herbst hinein eine Großbaustelle ist.

Das Naturfreibad hat außerhalb der Ferienzeit montags bis freitags von 13 bis 20 Uhr offen, samstags und sonntags von 10 bis 20 Uhr. In den Pfingst- und Sommerferien macht das Bad täglich schon um 10 Uhr auf.

Am 31. August endet der Badespaß offiziell. Sollte Petrus aber auch danach schönes Wetter schicken, geht das Bad noch bis Ende der Schulsommerferien in die Verlängerung. „Wir sind personell gut aufgestellt“, betont Hauptamtsleiter Ludwig Maag.

Seit über 80 Jahren gibt es das Naturfreibad. 1933 hatte der damalige Bürgermeister Otto Butz durchgesetzt, dass mithilfe des „Freiwilligen Arbeitsdienstes“ der ehemalige Wetteweiher umgebaut wurde. Das Ufer wurde mit Steinen befestigt, ein Holzsteg gebaut und ringsum Hecken gepflanzt. Die Kosten beliefen sich auf 20 000 Reichsmark. Nicht alle Winterlinger waren mit dieser doch erheblichen Ausgabe einverstanden. Und auch das Balinger Oberamt rügte das teure Vorhaben. Die feierliche Einweihung fand am 11. Juni 1933 unter dem Motto „Musik, Gesang und Volksbelustigung“ statt. Erster Bademeister war Ewald Blickle. Früher wurde das Bad nicht nur im Sommer genutzt, sondern im Winter auch als Eisbahn.

Im vergangenen Jahr wurden die Duschen mit Durchschreitebecken und einer Umrandung aus Pflastersteinen versehen. Gleichzeitig erfolgte der Anschluss der Becken an die Kanalisation. Im großen Becken entfernten Mitglieder des Fußballclubs Winterlingen nach dem Ablassen des Wassers Schlick vom Grund und schütteten frischen Kies auf. Volker Schweizer

Fotostrecke
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