Albstadt-Tailfingen

Ohne ihn gäbe es keinen AC-Kaufpark in Tailfingen

14.04.2017

von Michael Hakenmüller

Zum 100. Todestag erinnern wir uns an den Tailfinger Industrie-Pionier Johannes Hakenmüller: Er war in vielerlei Hinsicht ein Vorbild.

Sein Todestag jährte sich am Ostermontag: Am 17. April 1917 starb der Tailfinger Textilfabrikant Johannes Hakenmüller im Alter von 60 Jahren an den Folgen einer Diptherie. Geboren 1857, wuchs Johannes in einem kleinen Haus des Krämers und Schusters Jakob Hakenmüller an der Friedhofstraße auf, und machte nach seinem Militärdienst bei einer Eisenwarenhandlung in Aalen seine Lehre zum Einzelhandelskaufmann. Dort lernte er Luise Krauss kennen, welche ihm nach der Heirat sieben Kinder gebar und mit einer reichen Mitgift auch wichtige Teilhaberin der von ihm 1887 gegründeten Textilfabrikation an der damaligen Ebinger, heute Goethestraße im Talgang war.

Mit Johannes Conzelmann und Jakob Bitzer hatte er schon seit 1885 die Textil-„Companie“ an der Moltkestraße aufgebaut (spätere Fabrik Conzelmann & Bitzer bzw. von Eugen Roller). Als er sich ganz eigenständig machte, wählte Johannes Hakenmüller seinen Firmenstandort optimal aus. Dafür entdeckte er das Areal der ehemaligen Ölmühle am östlichen Ende Tailfingens, wo er eine eigene Quelle und später noch viel Platz hinzukaufen konnte.

Ohne ihn gäbe es keinen AC-Kaufpark in Tailfingen

© Privat

Garten in der Stadt: Ein Teil des Hakenmüller'schen Grundstücks blieb eine grüne Oase.

 

Von 1887 bis 1900 hatte er in Handarbeit an Rundstühlen zusammen mit seiner Frau und dem Maschinentechniker Carl Rehfuss so viel Geld verdient, dass er acht verfallende Häuser entlang der Langen und der Hechinger Straße aufkaufen konnte, die er abreißen ließ, um darauf seine Fabrikräume zu erweitern. Dadurch wurde eine Fläche von 50.000 Quadratmetern frei, welche seit 40 Jahren vom bald dem Abriss geweihten „AC-Kaufpark“ bedeckt wird. Hakenmüller war ein leidenschaftlicher Hobby-Gärtner, so dass die Hälfte seines Grundstücks stets eine grüne Augenweide war.

Tatsächlich war Johannes Hakenmüller der Erste, welcher eine eigenständige vollstufige Produktion von Textilien im heutigen Albstadt begann. Doch er strebte nie den Export seiner Ware an. Umso mehr versuchte er, ständig die Qualität seiner Ware zu verbessern. Er finanzierte aber auch den Ausbau der Talgangbahn von Truchtelfingen nach Tailfingen im Jahr 1900, zusammen mit dem Chef der Fabrik von Conzelmann zur Rose, welche sich gleichermaßen am nächsten zum heutigen Bahnhofsgebäude befand. Die Verkaufszahlen stiegen rasant, während im knapp 6000 Einwohner großen Tailfingen für bald 50 Textilproduzenten die Arbeitskräfte ausgingen, weshalb J. Hakenmüller 1910 eine weiteres Fabrikgebäude in Onstmettingen erbauen ließ.

Glaube als Ansporn

Als der 1. Weltkrieg begann, hatte Johannes Hakenmüller schon mit den gesundheitlichen Folgen seines aus dem durch seinem starken protestantischen Glauben motivierten Leistungsethos zu kämpfen. Ausgerechnet in höchster wirtschaftlicher Not und während alle Textilfabrikanten unter dem Rohstoffmangel litten, gründete Johannes Hakenmüller im Jahr 1916 eine auf seinen Namen laufende Stiftung mit einem Grundkapital von 50.000 Goldmark (heute etwa 450.000 Euro). Doch ähnlich wie bei der Stiftung von Textilfabrikant Friedrich Haux in Ebingen konnten die Räte der Stadt- bzw. Ortsverwaltung sich nicht entscheiden, was sie mit diesem Geld an sozialen Einrichtungen aufbauen sollten. Beide Male überlegte man sich, dieses zur Erhaltung der Volksgesundheit in Schwimmbäder zu investieren. Bis 1923, als hier wie dort ein Großteil des Kapitals durch die Inflation aufgezehrt wurde. Johannes Hakenmüller war auf dem besten Weg zum „Kommerzienrat“ oder Ehrenbürger seiner Heimat. Bis jetzt ist jedoch weder eine Straße noch ein Platz nach ihm benannt worden.

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