Albstadt-Ebingen

Für die Bewohner im Hof ein Desaster

25.01.2017

Mit einem offenen Brief wenden sich die Anwohner an Oberbürgermeister und Gemeinderäte und wehren sich gegen den Fremdkörper im Ebinger Hufeisen.

Für die Bewohner im Hof ein Desaster

© Holger Much

Die Bewohner des Unteren Stadtgrabens, Im Hof und in der Wilhelm-Dodel-Gasse wehren sich gegen die Pläne für einen Neubau, der für einen Bruch in der bestehenden Architektur sorgen würden und gegen viele Auflagen verstößt, die andere Hausbesitzer erfüllen.

In der Stellungnahme zum Neubau zwischen fünf denkmalgeschützten Gebäuden Im Hof heißt es:

„Der geplante Neubau wäre ein übler städtebaulicher Fremdkörper und überschreitet alles, was bisher in der Ebinger Altstadt geplant worden ist und nun hier Im Hof realisiert werden soll. Die Bebauung im Ebinger Hufeisen ist mit wenigen Ausnahmen ein harmonisch gewachsenes Ensemble mit fast ausschließlich steilen Satteldächern

Angefangen von Langwatte, Schütte, Grüngraben, Landgraben, dem Stadtgraben, dem Hof, dem Gerberplatz, Pfarrstraße, Kapellstraße bis hin zu der Marktstraße und der Oberen- Vorstadt sind diese steilen Satteldächer geradezu das Markenzeichen des Ebinger Hufeisens. Da es hier im historischen Hof keinen Bebauungsplan gibt, müsste die Rücksichtnahme und das sich Einfügen auf die vorhandene Bebauung oberste Priorität für jeden Neubau haben. Dies umso mehr, als ein Neubau in einem der sensibelsten Bereiche der Altstadt zwischen fünf denkmalgeschützten Gebäuden entstehen soll.

Was die bisherigen Entwurfszeichnungen hergeben zeigt deutlich, wie weit dieser Entwurf von einem genehmigungsfähigen Plan entfernt ist. Von einem fertigen Baugesuch zu sprechen, wäre unzutreffend, weil mehrere wichtige Pläne und Darstellungen und vor allem ein Lageplan mit Abstandsflächen fehlen!

Die Unvereinbarkeit mit dem historischen Umfeld wird schon an der chaotischen Dachform deutlich. Da der Bauträger aus einem steilen Satteldach anscheinend zu wenig Wohnfläche erreicht, wird mit dilettantischen Kunstgriffen wie einem flachen Satteldach und langen Flachdachbereichen versucht, ein weiteres Vollgeschoss im Dachgeschoss heraus zu bekommen. So würde, im Vergleich zum bisherigen Gebäude, ein massiver Klotz mit durchgehend ein bis zwei zusätzlichen Vollgeschossen entstehen.

Ganz wild wird es, wenn man die Südfassade betrachtet. An dieser Seite zum Hof sollen sechs Balkone entstehen. Im Hufeisen wurde bisher bei Neubauten zur Wahrung des Stadtbildes selbst bei Neubauten auf Balkone verzichtet. Alle Investoren, selbst die der umstrittenen massigen Gebäude z. B. in der Wilhelm-Dodel-Gasse unter Baubürgermeister Czernoch, hätten liebend gerne ihre Wohnungen mit Balkonen aufgewertet.

Dieses Ansinnen für Balkone oder ganz atypische Laubengänge wäre eine ganz einschneidende Veränderung inmitten der Altstadt und für den Hof ein Unding. Die Frage lautet: Will die Stadt Albstadt jetzt plötzlich eine ausufernde Balkonlandschaft im Ebinger Hufeisen und in der Altstadt zulassen? Hierzu wären nicht nur der Technische Ausschuss, sondern der Oberbürgermeister und der ganze Gemeinderat gefragt, denn dieser Präzedenzfall hätte Auswirkungen auch auf zukünftige Baugenehmigungen!

Der nächste Punkt ist die geplante massive Westfassade zum historischen und unter Denkmalschutz stehenden Kräuterkasten. Diese neue Außenwand mit elf Fenstern soll über drei Geschosse, unter Ausnutzung der Grenzbebauung, wesentlich näher an den Kräuterkasten heranrücken als die bisherige Außenwand. Der schöne Durchgang zum Stadtgraben, am liebevoll angelegten Kräutergarten vorbei, würde zum dunklen und engen Hohlweg verkommen.

Unter Vernachlässigung einer Außentreppe und einem untergeordneten kleinen Anbau hatte der Altbau neben dem Kräuterkasten lediglich ein Vollgeschoss – der geplante Neubau jetzt drei! Viele private Bauherren in Albstadt würden sich verwundert die Augen reiben, wenn die Stadt diesem Investor, quasi als Geschenk, eine Grenzbebauung über drei Stockwerke erlaubt, obwohl der bisherige Bau der Familie Fuchs, mit der eigentlichen Haus-Außenwand rund 2,50 Meter Abstand zur Grenze am Kräuterkasten hatte. Wieso die Stadt dem Investor eine durchgehende Grenzbebauung in Aussicht stellt, so dass am Schuppen des Kräuterkastens nur noch ein Durchgang von ca. 1,60 Meter verbleibt, ist deshalb rätselhaft.

Ganz unakzeptabel für die Bewohner des Unteren Stadtgrabens mit ihren kleinen und zum Teil denkmalgeschützten Häusern wird die Gestaltung der 26 Meter langen Außenwand. Bisher erfreuten sich Bewohner und Spaziergänger an dem sonnigen und einladenden Kleinod im Unteren Stadtgraben. Zu aller Überraschung, erhält der geplante Neubau nicht wie bisher zwei Vollgeschosse, sondern über mehr als zwei Drittel der gesamten Länge drei Vollgeschosse, wobei ein paar optisch heruntergezogene Dachstreifen ein Satteldach vorgaukeln sollen. Die Erhöhung der Außenwand über rund drei Meter würde eine gravierende Verschattung des schmalen, pittoresken Sträßchens bedeuten und hätte große Auswirkungen auf die Wohnqualität der kleinen, niedrigen Häuser.

Zur geplanten Tiefgarage: In mehrerer Hinsicht, wie bereits von anderen besorgten Bürgern dargelegt, wäre die Genehmigung einer Tiefgarage – egal ob von der Wilhelm-Dodel-Gasse her oder am Kräuterkasten vorbei, für den Hof ein Desaster. Die bisherigen Bauentwürfe des Bauträgers gehen in dreister Weise davon aus, dass die Stadt alles mit sich machen lässt.

Egal ob die eine oder die andere Variante, der Investor geht davon aus, dass Albstadt bereit ist, auf eigener städtischer Straße für die Einfahrt in eine private Tiefgarage, den Hof oder im anderen Fall das Ende der Wilhelm-Dodel-Gasse abzugraben. Das wird ja wohl nicht wahr werden. Normalerweise müsste der Investor die Garagenabfahrt im eigenen Gebäude planen.

Eine Tiefgaragen-Zufahrt durch den Hof würde vieles an gewachsenem Miteinander zerstören. Wie sollen dann noch die bisherigen vorbildlichen Aktionen und Initiativen funktionieren, wie Außenbewirtungen, auch am Kräuterkasten, Konzerte, das Fest der Kulturen, der Bühnen-Aufbau und die städtischen Events ?

Alles, was der Hof jetzt braucht, ist eine vernünftige Planung mit ganz klaren und keinen schwammigen städtischen Vorgaben. 1. Ein Haus mit Satteldach, das seinen Namen verdient. 2. Im unteren Stadtgraben nicht mehr als zwei Vollgeschosse zulassen. 3. Verzicht auf eine Tiefgarage“. Das wäre, so schließt der Brief, die Stadtverwaltung dem Erhalt der historischen Altstadt einfach schuldig, und den Bürgern auch. gs

 

Warum ein Gespräch mit Bürgermeister Hollauer nicht zielführend wäre

Kommunikation Ein Gespräch über die Planung mit den Anliegern gab es bereits am 12. Dezember 2016 auf dem Baurechtsamt mit den Nachbarn Jens Arnold, Michael Friz, Lucie Kretschmar, Caroline Alber, Thomas Alber und Dieter Riediger auch unter Teilnahme von Herrn Architekt Rau. Dieses Gespräch brachte nicht nur kein Ergebnis, es verlief geradezu frustrierend für die Anlieger. Daher sehen sie in einem Gespräch, wie es Bürgermeister Hollauer anbietet, keine Lösung.

Architektur Ein weiteres Gespräch mit den Anliegern über diese unzumutbare Planung sei daher kaum zielführend, denn was die Anlieger bisher fordern, sind keine Maximalforderungen sondern sollte für den Neubau zwischen diesem denkmalgeschützten Bereich selbstverständlich sein.

Vorgaben Es sind zusammenfassend vor allem: 2,50 Meter Grenzabstand an der Westseite zum Kräuterkasten. Im Unteren Stadtgraben nur zwei Vollgeschosse. Ein Satteldach, das seinen Namen verdient. Verzicht auf Balkone und Verzicht auf eine Tiefgarage. „Mit diesen Vorgaben sollte jeder Architekt ein Gebäude entwerfen können, das in dieses sensible Umfeld passt“. Davon sind die Anwohner, welche den offenen Brief verfasst haben, überzeugt.

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