Hechingen

Italiener wollten offenbar einen Landsmann erschießen

05.12.2016

von Hardy Kromer

Ein Mord als Missverständnis: Viel deutet darauf hin, dass der Todesschuss vom Donnerstagabend nicht Umut K. galt, sondern einem Italiener.

Italiener wollten offenbar einen Landsmann erschießen

© Hardy Kromer

Am Tatort an der Hechinger Oberen Mühlstraße: Das Meer aus Kerzen, Blumen und Bildern zu Ehren des erschossenen Umut K. wächst täglich. Inzwischen verdichten sich die Hinweise darauf, dass der 22-jährige Bisinger aus Versehen getötet wurde. Der Schuss galt offenbar tatsächlich einem anderen Mann, einem Italiener aus dem Drogenmilieu.

Die einzige offizielle Mitteilung, die es übers Wochenende zum Hechinger Mordfall gab, zeugt von einem weiteren Erfolg der Fahnder: Am Samstagmorgen hat sich ein mutmaßlicher Mittäter bei der Polizei in Hechingen gestellt.

„Auf Antrag der Staatsanwaltschaft“, so heißt es in der jüngsten Pressemitteilung der Ermittlungsbehörden, „hat das Amtsgericht Hechingen gegen ihn Haftbefehl wegen des Verdachts des Mordes und der Beteiligung an einem Betäubungsmitteldelikt erlassen.“ Nach dem Mann war nach den drei ersten Festnahmen vom Freitag noch gefahndet worden.

Damit gelten inzwischen vier Männer als dringend tatverdächtig. Gegen zwei von ihnen wird wegen Mordverdachts ermittelt, den beiden anderen wird eine Verwicklung in das Drogengeschäft vorgeworfen, das die Staatsanwaltschaft im Hintergrund des Tötungsdeliktes sieht.

Weiterhin keine Angaben macht die Staatsanwaltschaft Hechingen zum Alter, zum Wohnort und zur Herkunft der Verdächtigen. Dabei pfeifen es die Spatzen inzwischen von den Hechinger Altstadtdächern, wer da am Freitag und Samstag aus dem Verkehr gezogen worden ist.

Gut informierte Kreise und auch viele Freunde des erschossenen Bisingers Umut K. wissen: Bei den Tatverdächtigen handelt es sich offenbar um eine Gruppe Hechinger Italiener, die – und das ist die tragische Pointe der Geschichte – Umut K. aus Versehen getroffen haben, als sie am Donnerstagabend gegen 18 Uhr an der Oberen Mühlstraße in Hechingen einen Schuss aus einem vorbeirasenden roten Kleinwagen abgaben.

Der Pistolenschuss soll demzufolge einem anderen Mann gegolten haben, der sich kurz vor der Tat mit dem 22-jährigen Bisinger zusammen im Spielcasino beim Oldtimermuseum aufgehalten habe: einem italienischen Landsmann der Tatverdächtigen.

Der Mann, der eigentlich getötet werden sollte, stammt – so wird kolportiert – aus dem Raum Heilbronn und hält sich erst seit kurzem in Hechingen auf, nachdem er eine Gefängnisstrafe wegen Drogendelikten abgesessen hat. Mit ihm sollen der Todesschütze und seine Kompagnons noch eine Rechnung offen gehabt haben.

Der kurdische Alevit Umut K., Absolvent der Hechinger Alice-Salomon-Schule, Mitglied des Bisinger Jugendgemeinderates und Fußballer beim FC Wessingen, wäre demzufolge höchst schicksalshaft zur Zielscheibe skrupelloser Gangster geworden, weil er sich – in schlechter Gesellschaft – zur falschen Zeit am falschen Platz befand.

Eine offizielle Bestätigung dieser Version des Tatgeschehens lässt derweil auf sich warten. Die Hechinger Staatsanwaltschaft äußert sich bislang nicht zu Details. Auf Nachfrage hatte Presse-Staatsanwältin Nicole Luther unserer Zeitung lediglich bestätigt, dass die Festnahmen in oder um Hechingen erfolgt seien.

Am Tatort, in der kleinen Grünanlage beim Oldtimermuseum, herrscht derweil weiterhin Trauerstimmung. Die improvisierte Gedenkstätte mit Blumen, Kerzen und Bilder des Getöteten wächst täglich. Und jeden Abend um 18 Uhr, der Stunde, zu der Umut K. erschossen wurde, treffen sich Angehörige und Freunde des jungen Bisingers, um gemeinsam stumm zu trauern.

Ermittlungen laufen weiter

Die Ermittlungen der bei der Kriminalpolizeidirektion Rottweil eingerichteten Ermittlungsgruppe „Staig“ dauern auch nach der vierten Festnahme eines Tatverdächtigen weiterhin an. Wer sachdienliche Hinweise zum Tatgeschehen machen kann, wird gebeten, sich bei der Kriminalpolizei Rottweil unter der Telefonnummer 0741/4770 oder auch beim Hechinger Polizeirevier zu melden.

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