Rosenfeld

Echt Schwäbisch: Kein besseres Argument für ein Feierabendbier

21.10.2016

von Hannes Mohr

Die Rosenfelder Lehner-Brauerei ist die letzte große Brauerei im Zollernalbkreis.

Echt Schwäbisch: Kein besseres Argument für ein Feierabendbier

© Hannes Mohr/Roland Beck

Schnurstracks in einer Reihe: Rund 8000 Hektoliter Bier werden jedes Jahr in der Lehner-Brauerei in Rosenfeld produziert und in Flaschen sowie Fässer gefüllt. Das im Jahr 1931 gegründete Unternehmen legt dabei Wert auf traditionelle Herstellungsverfahren.

Die Günther-Lehner-Stiftung in Rosenfeld betreibt die letzte große Brauerei im Zollernalbkreis. Sie lebt von und für die Region. Doch das Sudhaus ist in die Jahre gekommen. Um weiterhin echt schwäbisches Bier aus der Heimat anbieten zu können, geht die Firma ungewöhnlich neue Wege.

Ein süßer Geruch wabert durch das alte Sudhaus. In der kupfernen Sudpfanne brodelt es gewaltig. Langsam lässt Mitarbeiter Reiner Breil den Hopfen in die dampfend tobende Würze rieseln. Platschend fällt er in das schäumende Gemisch. Die grün leuchtenden Blüten der Pflanze geben dem Bier den typisch herben Geschmack. Es ist nur ein Schritt von vielen im langwierigen Brauprozess. Davor wurde gemaischt und geläutert. Nun hat das Bier noch einige Wochen in Gär- und Lagertanks vor sich.

Die Günther-Lehner-Stiftung ist die letzte Brauerei dieser Größe im Zollernalbkreis. Rund 8000 Hektoliter werden hier jedes Jahr in Flaschen und Fässer gefüllt. „Gemessen an anderen Brauereien ist das wenig“, sagt Braumeister Andreas Klausmann. Rothaus im Schwarzwald produziere rund 100-mal so viel. Doch auf die Menge komme es der Rosenfelder Brauerei nicht an, sagt er. Was zähle, sind Frische, Qualität und die Heimatverbundenheit.

Dass es die Brauerei heute noch gibt, hat das Unternehmen Hermann Lehner, Sohn des Gründers, zu verdanken. Als er in den Neunziger Jahren keinen Nachfolger für den Betrieb fand, rief er eine Stiftung ins Leben, um sein Erbe der Nachwelt zu erhalten. „Der Betrieb ist zwar eine GmbH, doch ihr einziger Gesellschafter ist die Stiftung“, erklärt Geschäftsführer Egon Stehle. Diese werde von einem sechsköpfigen Stiftungsvorstand geführt; der GmbH wird von einem dreiköpfigen Aufsichtsrat auf die Finger geschaut.

Jedes Jahr schüttet die Stiftung Geld für in Not geratene Menschen im Zollernalbkreis aus. Wer Lehner-Bier trinkt, unterstützt damit soziale Projekte in seiner Heimatregion. Da können andere Brauereien noch so viel Regenwald retten ein besseres Argument für das Feierabendbier gibt es nicht.

Das Unternehmen lässt die Wertschöpfungskette komplett im Schwabenland. Die Gerste für das Malz bekommt die Brauerei von Landwirten aus der Umgebung, der Hopfen stammt aus Tettnang. „Man muss den regionalen Wirtschaftskreislauf leben, sonst überlebt man nicht“, sagt Braumeister Klausmann.

Trotz großer Konkurrenz Lehner hat einen Vorteil gegenüber Fernsehbier-Giganten: „Unsere Frische ist das größte Plus“, sagt Rolf Brobeil. Er ist verantwortlich für den Verkauf und Vertrieb bei der Günther-Lehner-Stiftung. Das Bier kommt direkt nach dem Reifen in die Flasche, ohne es zuvor künstlich zu konservieren. „Dadurch ist es zwar nicht so lange haltbar wie bei großen Mitbewerbern“, sagt Brobeil. Dies sei wegen der kurzen Lieferwege und der begrenzten Reichweite aber kein Problem.

Neben Bier vertreibt Lehner eigenen Bio-Wein, der in Kooperation mit einem Weingut im rheinhessischen Mettenheim exklusiv für das Rosenfelder Unternehmen gekeltert wird. Im hauseigenen Getränkemarkt finden sich darüber hinaus weitere internationale Weine, hausgemachte Brände und alles, was zum Vollsortiment gehört.

Größte Investition in der Unternehmensgeschichte

Die Qualität wird jedes Jahr von der DLG bestätigt. 2009 holte Lehner sogar den DLG-Bundesehrenpreis. Um diese Qualität zu halten, investiert Lehner in ein neues Sudhaus. Die bestehende Anlage aus den 60er-Jahren ist alt, ineffizient und ein echter Energiefresser. „Das ist die größte Investition in unserer Firmengeschichte“, sagt Stehle.

Finanziert wird sie mitunter durch Genussrechte. Die ersten 400 Stück à 250 Euro waren im Jahr 2015 sofort vergriffen. Von weiteren 400 Genussrechten, die in diesem Jahr angeboten werden, gibt es nur noch 100 zu erwerben. Die vier Prozent Zinsen gibt's flüssig zurück: in Form von Bier. So kann jeder Bürger zum Erhalt der Brauerei beitragen.

„Mit dem frischen Kapital möchten wir in 2017 das neue Sudhaus bauen“, sagt Klausmann. Er freut sich besonders auf die neue Anlage. Durch sie kann er mehr Chargen in kürzerer Zeit produzieren. Endlich kann er seine Kreativität voll ausleben und in kleineren Mengen besondere Biere brauen. Damit wird Lehner dem Craft-Bier-Trend gerecht, der seit einiger Zeit aus den USA nach Europa schwappt. Bei Craft Bier handelt es sich um hochwertige Biersorten, mit denen sich kleine Brauereien von der Konkurrenz abheben.

Doch was macht das Lehner-Bier typisch schwäbisch? „Tag für Tag setzen sich alle Lehner-Mitarbeiter voll schwäbischen Fleiß, persönlichen Engagement und neuen Ideen für die Qualität und Frische ein“, sagt Brobeil. „Unser Produkt ist ehrlich und von Hand gemacht“, ergänzt Stehle. Und noch etwas ist typisch für die hiesige Bevölkerungsgruppe: Bei Lehner wird nichts weggeworfen. Die Reste der Maische der Malztreber dienen Bauern als Viehfutter; überschüssiges Bockbier wird zu Schnaps gebrannt. Schwäbisch sparsam eben.

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