Dieses kleine bisschen Macht

23.11.2015

von Maja Das Gupta

Ein Regisseur ruft mich an und schlägt mir ein Projekt vor. Er legt sich ins Zeug, will mich unbedingt dafür gewinnen. Sagt mir, ich werte seinen Antrag auf. Zuletzt bemerkt er, er wolle unbedingt eine Frau dabei haben.

Als ich nachfrage, warum, sagt er: Erstens habe er schon zwei Männer. Zweitens fände er eine weibliche Perspektive wichtig. Ich frage mich, ob ein Mann eigentlich jemals zu hören bekommt, man wolle ihn, weil er ein Mann sei. Ich frage den Regisseur, ob es ihm auch noch nützlich sei, dass mein Vater aus Indien kommt. Nein. Migrationshintergrund bringe nur was, wenn der Antragsteller ihn hat. Da bin ich also aus dem Schneider.

Ich weiß nicht, ob Sie in Albstadt, wenn Sie in der Kultur etwas zu vergeben haben, auf so etwas achten. Sicher sind „Quoten“ nicht ganz unwichtig in einer Zeit, in der Frauen immer noch weniger verdienen als Männer. In der meist Männer über Posten entscheiden. Und dennoch empfinde ich es als zutiefst diskriminierend, wenn mir suggeriert wird, ich hätte irgendetwas aufgrund meines Geschlechts oder einer irgendwie gelagerten Herkunft bekommen. Denn wissen Sie was? Sie werden die gönnerhafte Geste nicht los. Und sehen Sie mal in den Spiegel und fragen Sie sich bitte: Wollen Sie irgendetwas bekommen, weil jemandem Ihr Lächeln gefällt?

Der Regisseur sagt zu mir, er verstünde meinen Anfall von Verbitterung. Er habe neulich mit einem Ingenieur gesprochen. Der sagte zu ihm, wenn er die Wahl zwischen zwei gleichwertigen Bewerbern habe, einer Frau, einem Mann, müsse er die Frau nehmen. Denn die habe härter gearbeitet, um da zu sein, wo sie ist. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Aber eines weiß ich gewiss: Sie hat sich mehr dummes Zeug anhören müssen als ihr Kollege. Was das mit Albstadt zu tun hat? Ich hoffe, nichts.

Diesen Artikel teilen: