Albstadt

ZAK-Weihnachtsaktion: Ein besonderer Brief ans Patenkind

19.11.2015

Was „bringt“ die Hospizarbeit den Sterbenden und den Begleitern? Die Vorsitzende des Fördervereins der Albstädter Hospizgruppe, Gertrud Mews-Korell, erklärt es in einem fiktiven Brief an ihren Patensohn.

ZAK-Weihnachtsaktion: Ein besonderer Brief ans Patenkind

© Dagmar Stuhrmann

Post für Tobias: Gertrud Mews-Korell arbeitet in der Albstädter Hospizgruppe mit und ist Vorsitzende des Fördervereins. Immer wieder wird sie gefragt, warum sie sich in der Begleitung Sterbender engagiert.

Hallo Tobias,

dein Brief liegt vor mir, in dem du mich fragst, was mir der Umgang mit Sterbenden und Trauernden 'bringt' und warum ich das mache. Schau, als ich Hans-Werner pflegte und begleitete, da waren um mich herum hier Menschen, die mir, der eigentlich noch fremden Norddeutschen, zur Seite standen. Und nach seinem Tod, da war dieses unsichtbare Netz, was mich auffing. So ähnlich sieht Hospizarbeit aus.

Schwester Regina, unsere Leiterin, erhält die Anfrage nach Hospizbegleitung, in der Regel von einem Familienmitglied des Schwerstkranken. Sie klärt die Umstände vor Ort und hat dann meist schon eine Idee, wer aus der Gruppe zu diesem Einsatz passen könnte. Sie fragt zum Beispiel mich und dann gehen wir gemeinsam zum Einsatz. Stimmt die Chemie auch zwischen dem Patienten und mir, dann übernehme ich den Einsatz. Da sind im Laufe der zehn Jahre jetzt schon einige Begleitungen gewesen und dennoch sehe ich, wenn ich die Namen lese, die Menschen immer noch vor mir.

Da ist die Frau, die ihren Vater betreut. Er wohnt oben im Haus, aber der Tag, trotz 24 Stunden, ist eigentlich zu kurz. Familie, Beruf und der Vater, sie ist meist am Rand der Erschöpfung. Sie weiß oft nicht, wie sie alles schaffen soll. Eine Tasse Kaffee, ein erstes Gespräch, verhalten noch, aber sie ist froh, dass sie jemand hat, mit dem sie reden kann. Ich höre ihr zu. Und erst später machen wir einen Plan, wann ich ins Haus komme und sie anderes erledigen kann.

Den Vater habe ich zuerst kennen gelernt. Seine Krebserkrankung hat ihn, den einst großen Mann, jetzt eher klein und schwach werden lassen. Zuerst sind wir beide ein wenig verhalten und doch auch neugierig aufeinander. Während wir miteinander reden, eigentlich spreche ich mehr mit ihm, werden seine Augen klar, eine Lebendigkeit kommt hinein. Er spricht wenig, sagt seine Tochter. Ein interessantes Leben liegt hinter ihm, Reisebusfahrer. Ich reise auch gern. Wir entdecken Gemeinsamkeiten, es beginnt ein vertrauensvolles Miteinander. Er kann seine Geschichten erzählen, denn ich kenne sie ja alle noch nicht, anders als seine Familie. Er ist dann nicht mehr nur der hilfsbedürftige Vater in seinem Zimmer, in seinem Bett.

Ich lerne aber auch die Tage und Stunden kennen, in denen er wirklich nichts sagt, nichts sagen mag. Schmerzen sind da, Resignation macht sich breit, er weiß um den Abschied. Er schätzt es, wenn ich dann nur 'da' bin, wir können auch miteinander schweigen. Und er ist es, der dann bestimmt, ob er reden möchte und was. Er spricht vom Tod seiner Frau, die Leere danach und sagt, wie er seine Beerdigung haben möchte. Wenn sie daheim ist, dann kommt seine Tochter oft auch zu uns und wir reden alle miteinander.

Als er starb, war ich nicht dabei. Wir haben am Nachmittag bereits Abschied genommen, wortlos. Aber seine Augen, seine Hand, die so fest die meine drückte … sie sprachen ihre eigene Sprache. Die Tochter rief mich am nächsten Morgen an, ich fuhr zu ihr. Wir umarmten uns, wir gingen zum Vater ins Zimmer. Ruhig lag er dort, ohne Schmerzen sein Gesicht. Wir sprachen ein Gebet und sie erzählte mir vom Abend zuvor. Sie sagt, sie habe sich gefreut über die Kraft in ihr, die sie bei ihm bleiben ließ bis er dann eingeschlafen sei. Viele Menschen waren zur Beisetzung gekommen, Menschen, die im Leben mit ihm gefahren waren und jetzt auch Abschied nahmen. Ich glaube, es bedeutete der Tochter sehr viel. Ihr Mann, ihr Sohn, sie standen bei ihr, ich konnte beruhigt heim fahren. Wir haben dann noch einige Male telefoniert, uns auch mal getroffen, bis ich merkte, sie geht jetzt weiter, ihren Weg. Es war eine ganz besondere Zeit, die wir miteinander geteilt haben.

Siehst du Tobias, so begleiten mich aus zehn Jahren viele Schicksale, auch die, die nicht so harmonisch oder friedlich zu Ende gingen, wie das dir hier geschilderte. Alle haben mich auf die eine oder andere Weise berührt, geprägt, sind immer noch in meiner Erinnerung abrufbar. Ein Lächeln, ein Händedruck, auch ein ausgesprochenes 'danke' … es gibt mir so viel zurück und berührt mich. In deiner Sprache würde ich sagen 'es bringt mir was'.

Wenn du noch mehr wissen möchtest, frag mich einfach und ich antworte dir.

Liebe Grüße an dich … deine Gote.

 

ZAK-Weihnachtsaktion: Die ersten Spenden zugunsten der Hospizgruppen für sind eingegangen

Dankeschön Die ersten Spenden für unsere ZAK-Weihnachtsaktion zugunsten der Hospizgruppen sind eingegangen. Wir bedanken uns im Namen der Empfänger für insgesamt 1073,33 Euro.

Spender Im Folgenden die Namen der Spender, die einer Veröffentlichung im ZOLLERN-ALB-KURIER zugestimmt haben: Franz Braun aus Obernheim (30 Euro), Firma Wahl Verzahntechnik aus Balingen (500 Euro).

Albstadt Das Spendenkonto des Fördervereins der Hospizgruppe Albstadt: Volksbank Albstadt, BIC: GENODES1EBI, IBAN: DE 93 6539 0120 0026 7780 09.

Balingen Das Konto des Fördervereins der Ökumenischen Hospizarbeit Balingen: Sparkasse Zollernalb, BIC: SOLADES1BAL, IBAN: DE37 6535 1260 0025 1354 79.

Großer Heuberg Das Spendenkonto für die Hospizgruppe Großer Heuberg läuft über den Verein zur Förderung der Altenhilfe Meßstetten, Stichwort: Ökumenische Hospizarbeit. Konto: Volksbank Heuberg, BIC: GENODES1HBM, IBAN: DE 50 6536 1469 0015 6400 00.

Veröffentlichung Die Namen aller Spender werden im ZOLLERN-ALB-KURIER veröffentlicht. Bei Verwendungszweck bitte „ZAK-Weihnachtsaktion“ einfügen. Wer nicht genannt werden will, kann dies unter Verwendungszweck vermerken.

Spendenbescheinigung Wenn Sie eine Spendenbescheinigung erhalten möchten, müssen Sie im Textfeld Ihrer Überweisung einfach Ihre Adresse mit angeben.

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