Hard Rock trifft Flöte

In der fast 50-jährigen Bandgeschichte der britischen Rockband Jethro Tull wechselte der exzentrische Bandleader Ian Anderson seine Mitmusiker wie andere Leute ihre Unterwäsche. Er selbst war in all den Jahren die einzige Konstante und ständiges Mitglied seit der Gründung 1967 unter insgesamt weit über 20 wechselnden Bandmitgliedern. Da erscheint es nur konsequent, dass der 68-jährige Schotte seit dem Erscheinen des aktuellen Konzeptalbums Homo Erraticus 2014 einfach unter seinem eigenen Namen auftritt.

Die Zuhörer auf dem Balinger Marktplatz erwarten am 29. Juli 2016 Lieder aus dem jüngsten Konzeptalbum, das einen Abriss über die britische Geschichte gibt. Doch natürlich werden an diesem Abend auch die alten Songs wie Too old to Rock’n’ Roll, too young to die oder Locomotive Breathe gespielt.

Der Spagat zwischen Nostalgie und Gegenwart im Tourprogramm lag für den Komponisten, Texter und Multiinstrumentalisten Anderson auf der Hand: „Sie müssen heutzutage viel härter daran arbeiten, das Konzert unterhaltsam zu machen. Als Erwachsene neigen wir jedoch auch dazu, gerne Musik zu hören, die wir kennen.“ Die aktuelle Show sei daher ein Kompromiss. Die ersten 40 Prozent der Show sind dem neuen Album gewidmet, die anderen 60 Prozent ein Best-of von Jethro Tull.

Mit Jethro Tull hat sich Ian Anderson eine musikalische Nische geschaffen: Sie ist die einzige internationale Rockband, in der der Querflöte eine tragende Rolle zukommt. Das virtuose Spiel von Ian Anderson ist das Markenzeichen der Band. Aufgrund ihres ungewöhnlichen Sounds sind sich Musikkritiker uneins, in welches Musikgenre Andersons Kompositionen gehören, da die Musik von Blues, Folk-, Classic- Progressive- und Hard Rock beeinflusst wird.

Seit über vier Jahrzehnten fabriziert Anderson diesen unverwechselbaren Stilmix. Das Ergebnis seines kreativen Schaffens sind 22 Studio- und zehn Livealben mit Jethro Tull, sowie weitere Alben, die er als Solokünstler herausbrachte.

In ihrer von Besetzungswechseln geprägten Bandgeschichte war Frontmann Anderson stets bestrebt, für seine ausgefallenen musikalischen Ideen und Kompositionen die bestmöglichen Musiker um sich zu scharen. Dementsprechend hochprofessionell sind auch die Liveauftritte der Band.

Doch bei den Konzerten der aktuellen Tour erwarten die Zuschauer nicht nur musikalische, sondern auch visuelle Genüsse. Zur Bühnenshow gehört auch eine aufwendige Multimedia-Inszenierung, die neben dem Hörsinn auch das Auge ansprechen soll.