Burladingen

Womöglich ein Nazi-Problem

28.04.2015

von Matthias Badura

Unbekannte haben Nazi-Parolen auf Burladinger Mauern gesprüht, so auf die Wände des Polizeipostens und des Alblichtspielkinos. Anlass könnte ein Film gewesen sein, der kürzlich im Kino gezeigt wurde.

Womöglich ein Nazi-Problem

© Matthias Badura

Am Eingang der ehrbaren Alblichtspiele, einem Kulturtempel seit Jahrzehnten, beliebter Treff von Jugendlichen, prangten gestern morgen Nazischmierereien. In der Woche zuvor hatte das Kino einen kritischen Film über die Rechtsrock-Szene gezeigt.

Mehrere Gebäude wurden in Burladingen von Montag auf Dienstag mit rechtsradikalen Parolen und Nazisymbolen besprüht, darunter das Rathaus, das Alblichtspielkino und der Polizeiposten. Da der „Verdacht einer politisch motivierten Straftat besteht“, haben Kriminalbeamte der Polizeidirektion Rottweil, Abteilung Staatsschutz, die Ermittlungen aufgenommen.

Dass das Alblichtspielkino besonders hart betroffen ist, dürfte im Zusammenhang mit einer Filmvorführung stehen, die dort vor Wochenfrist stattfand. Gezeigt wurde die Dokumentation „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“. Damals ließ sich kein Sympathisant der rechten Szene beziehungsweise Fan der Rechtsrockszene, um die es in dem Streifen geht, am Kino sehen, obwohl man durchaus damit gerechnet hatte. Wie der anwesende Regisseur des Filmes, Peter Ohlendorf, sagte, komme es vor, dass sich rechte Diskutanten bei einer Aufführung Gehör verschaffen wollen. Warum auch nicht? Man lebe schließlich in einer Demokratie.

Die nächtlichen Schmierereien müssen als nachträgliche Reaktion, als Vergeltung gewertet werden, da der Bezug zu der Vorführung offenkundig ist: die Eingangstüren des Kinos sind mit Hakenkreuzen verschmiert und daneben prangt der Gruß: „Hasta la vista, Antifa“, was soviel heißt wie: Bis zum Wiedersehen, Antifaschistische Bewegung. Zur Erklärung: es war die antifaschistische Alb Offensive, die den Film nach Burladingen holte. Weiter steht da „Verräter“ zu lesen. Das aber bezieht Doris Schülzle, die Frau des Kinobetreibers Ludwig Schülzle voll und ganz auf sich und ihren Mann. Die Burladingerin zeigt sich entsetzt und schockiert. Das einem so etwas passieren könne, nachdem man ein Leben lang das Kulturleben, die Vereine und die Jugend unterstützt habe, wo man nur konnte – sie ist fassungslos.

Schlimmer aber: Sie hat Angst. Der nächtliche Anschlag, „das war erst der Anfang“, fürchtet sie. Sie habe, sagt sie, von Beginn an ein schlechtes Gefühl bei der Sache mit dem Film gehabt, aber ihr Mann habe die Bedenken tiefer gehängt. Tatsächlich gibt „Blut muss fließen“ lediglich Einblicke in eine Szene, die man ebenso leicht aus dem Internet gewinnen kann – oder live bei einem der dargestellten Konzerte. Schwerer, so hatte man gedacht, wiegt da eigentlich die dem Film unterlegte Anklage, dass es die rechte Szene ohne das Wegschauen und das stille Einverständnis einer konservativ-bürgerlichen Mitte gar nicht geben würde.

Der Sachschaden, der durch die Sprüherei angerichtet wurde, beläuft sich laut Polizei auf mehrere tausend Euro. Erkenntnisse auf den oder die Täter lagen gestern nicht vor, die Ermittlungen, hieß es, dauern an. Es war nicht das erste Mal, dass in Burladingen Hitlergrüße und rechtsradikale Parolen auf Wänden und Mauern auftauchten. Ob ein Zusammenhang besteht sei momentan nicht zu sagen. Es könne sich, deutete ein Beamter an, bei dem jüngsten Vorfall prinzipiell auch um die Tat eines an sich unpolitischen Provokateurs oder eines Trittbrettfahrers handeln. Freilich auch nicht ausgeschlossen, dass Burladingen ein echtes „Naziproblem“ habe. 

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