Bisingen

Aus der Vergangenheit lernen

30.01.2015

Schüler der Grund- und Werkrealschule sowie der Realschule Bisingen gedachten am 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz der Opfer des Naziregimes. Dabei ging es auch um die Gegenwart.

Aus der Vergangenheit lernen

© Uta Hentsch

Die Schüler Jana und Imam zündeten im Heimatmuseum Kerzen für die Opfer an (Lehrer Matthias Steck hielt die Szene fest).

52 Schüler der Klassen 9a/b und 10 trafen sich vormittags mit ihrer Schulleiterin Andrea Jetter, Konrektor Karl-Heinz Merz, ihren Lehrern Claudia Billet-Barfuß, Rita Haimerl-Severin, Gerhard Frommer und Matthias Steck und der Vorsitzenden des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen, Uta Hentsch, im Museum Bisingen

Anlass der Gedenkstunde war der 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee. Imam Usak und Jana Zumpf, beide aus der Klasse 10, entzündeten sechs kleine Kerzen als Symbol für sechs Millionen ermordeter Juden und eine große Kerze als Symbol für zig- und hunderttausende Ermordete, die nach Sicht der Nationalsozialisten „minderwertige“ Menschen waren beziehungsweise als „Gegner des Nazi-Regimes“ galten. Allein die Gruppe der Sinti und Roma betrug 500.000 Opfer.

Uta Hentsch gab eine Einführung zur Thematik und erklärte die Begriffe „Holocaust“, die allgemein gültige Bezeichnung, und „Shoa“, die hebräische Bezeichnung, die „große Katastrophe - Vernichtung“ bedeutet, eine Benennung, die weitaus korrekter für den Massenmord an den Juden sei.

Sechs Antikriegslieder wurden vorgetragen, mit jeweiliger Information zur Entstehung und Botschaft der Lieder. „Teach your children“, ein Popsong von Crosby, Nash and Young, sollte zum Beispiel so verstanden werden, dass die ältere Generation die Jugend wehr wohl über die Vergangenheit aufklären soll, auch wenn es schmerzlich ist. Immer wieder laden die Gemeinde Bisingen und der Verein Gedenkstätten KZ Bisingen Zeitzeugen ein, die aus ihrer Zeit im KZ berichten. Ein Vortrag findet immer vor gut 100 Schülern statt, die gebannt und neugierig zuhören. Mit dem letzten Lied, „So ist Versöhnung, so muss der wahre Friede sein“, von Jürgen Wert, wurde die Hoffnung auf Versöhnung und Frieden durch Vergeben und Verzeihen ausgesprochen. Der Verein Gedenkstätten KZ Bisingen verhindert durch seine Aktionen, dass die Untaten der Nazis in Vergessenheit geraten, und ermutigt dazu, die Versöhnung zu wagen und sich für den Frieden einzusetzen.

In einem 24-minütigen Film wurden Ausschnitte über die Auflösung des KZ Auschwitz mit sehr eindrücklichen Bildern und Zeitzeugen-Aussagen gezeigt, dem eine Zeit der Stille folgte. Die Betroffenheit der jungen Leute war greifbar.

Uta Hentsch berichtete, dass nach einer aktuelle Bertelsmann-Studie 65 Prozent der Deutschen unter 40 Jahren einen Schlussstrich unter die Geschichte des Holocaust ziehen wollen. Sie sprach die Hoffnung aus, dass die anwesenden Schülerinnen und Schüler nicht zu diesen 65 Prozent gehören mögen. Kommentar eines Schülers dazu: „Einen Schlussstrich darf und kann man einfach nie darunter ziehen.“

Während der Unterrichtszeit kamen auch die Schüler der Realschule Bisingen zu einer Gedenkfeier zusammen. Und auch hier stellte sich Uta Hentsch den Fragen der Schüler.

Es sei immens wichtig an den Wahnsinn zu erinnern, damit dieser sich nicht wiederhole, sagte Rektor Christhardt Tröger. Die Schüler sollten Diskriminierung, Rassenwahn und Ausgrenzung von Minderheiten erkennen lernen.

Die Realschüler der Klassenstufen neun und zehn hatten eine Infotafel gestaltet, die in der Pausenhalle präsentiert wurde. Die Gedenkstunde selbst, zu der sich alle Zehntklässler zusammenfanden, fand im Musiksaal statt. Und auch hier gab ein Film einen Einblick in das unerträgliche Lagerleben im KZ Auschwitz. Überlebenden kamen darin zu Wort. „Wer die Geschichte nicht kennt und sie nicht aufarbeitet“, so Uta Hentsch, „werde alles Schreckliche wieder erleben.“

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