Doha

„Es war nicht das Turnier für die Außen“

28.01.2015

Während die deutsche Nationalmannschaft im Viertelfinale der Weltmeisterschaft steht, lies es für HBW-Spieler Faruk Vrazalic und Bosnien-Herzegowina weniger erfolgreich. Er erreichte Rang 20.

„Es war nicht das Turnier für die Außen“

© Kirschner

HBW-Spieler Faruk Vrazalic erreichte mit Bosnien-Herzegowina Platz 20 bei der Handball-WM in Katar

Eisige Stimmung kann es auch in der Wüste geben. Die demonstrierten die Handballer von Bosnien-Herzegowina, als ihnen in der Schlussphase gegen Tunesien der Sieg aus den Händen glitt, sich ein Vorsprung in den letzten fünf Minuten in eine 24:27-Niederlage verwandelte und sich zugleich alle Hoffnungen auf das WM-Achtelfinale verflüchtigten.

Schnurstracks schritten alle Spieler anschließend durch die Mixed-Zone, spendeten den Journalisten keine Blicke und verkrümelten sich in der Kabine. Zu groß war die Enttäuschung. „Zum dritten Mal haben wir bei diesem Turnier verloren, aber ich habe noch kein Team gesehen, dass besser als wir war“, meinte Trainer Dragan Markovic in der offiziellen Pressekonferenz. Deutliche Kritik an die Referees stimmte er an.

Am nächsten Mittag: Der erste Frust hatte sich über Nacht verflüchtigt. Faruk Vrazalic, der Rechtsaußen, der im Bundesliga-Alltag für den HBW Balingen-Weilstetten spielt, wirkte entspannt und locker. Doch an der Analyse zum Geschehen vom Vortag hatte sich nichts Wesentliches geändert. „Ich mag ja nicht gerne über Schiedsrichter sprechen“, sagte er. „Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass wir einfach keine Chance hatten zu gewinnen. Uns fehlt wahrscheinlich noch die Lobby, weil wir zum ersten Mal bei einem solchen Turnier dabei waren.“

Wie die Fußballer im vergangenen Sommer, hatten sich die bosnischen Handballer zum ersten Mal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert – und teilten nun das Schicksal: Das Tor zum Achtelfinale blieb verschlossen. Es müssen aber auch hausgemachte Gründe für das Scheitern angeführt werden. Das System der Bosnier war doch zu sehr auf den Rückraum zugeschnitten. „Es war nicht das Turnier für die Außen“, meint auch Vrazalic. „Wir hatten nur wenige Wurfchancen, manchmal musste man 50 Minuten auf den Ball warten.“

Im President's Cup ging es dann nach der Gruppenphase für Bosnien-Herzegowina weiter. Am Montag unterlagen sie dabei gegen Weißrussland, nach der gestrigen 28:42-Niederlage gegen Russland beendeten Vrazalic & Co. das Turnier auf dem 20. Platz.

Dabei hatten sich die Debütanten vom Balkan sehr gewissenhaft auf das Ereignis vorbereitet. Bereits Anfang Januar reisten sie nach Katar, weilten als erste Nationalmannschaft – neben dem Gastgeber versteht sich – im kleinen Emirat am Persischen Golf, um sich gut zu akklimatisieren. So gewannen die Bosnier auch mehr Eindrücke vom unbekannten Land als die anderen Nationen. „Für einen Monat ist es wirklich sehr nett hier“, sagt Faruk Vrazalic. „Aber auf Dauer wäre es nichts für mich, die Mentalität ist doch eine ganz andere.“ Er träumt von einer Bundesliga-Karriere.

Nach einer einjährigen Stippvisite beim spanischen Champions-League-Teilnehmer Ademar Leon landete Faruk Vrazalic in der vergangenen Saison beim ThSV Eisenach. „Nach dem Abstieg“, sagt er, „wollte ich weiter in der Bundesliga spielen und habe auf ein Angebot gewartet.“ Beim RK Vogosca, einem Klub aus Sarajevo, übte sich der Rechtsaußen in Geduld. Dann war das Verletzungspech der Gallier das Glück von Faruk Vrazalic, der einen Vertrag bis Saisonende unterschrieb. „Ich möchte noch einige Jahre in der Bundesliga spielen“, verrät der Bosnier, dem es in Schwaben gefällt. Während des Turniers traf er sich auch einmal mit Martin Strobel und Fabian Böhm, den beiden Balingern im DHB-Team, in einer Einkaufs-Mall. Sie plauderten, und sie staunten über eine große Eisfläche im Herzen des Shopping-Tempels, auf der sich Kinder mit Schlittschuhen tummelten. Auch Stimmung auf dem Eis gibt es in der Wüste

Diesen Artikel teilen: