Albstadt

Angeklagter droht im Gerichtssaal mit Selbstmord

27.01.2015

von Nico Pannewitz

Beim Prozess wegen Brandstiftung kam es am Montag zu einem schockierenden Zwischenfall. Plötzlich hatte der Angeklagte einen scharfen Gegenstand in der Hand – und drohte mit Suizid.

Schon nach Ende der Mittagspause war der inhaftierte Angeklagte schwer atmend auf seinem Stuhl gesessen. Beim Eintreffen seiner Verteidiger stand er auf, drückte sich gegen die Wand hinter der Anklagebank und hielt sich mit seiner rechten Hand einen scharfen Gegenstand rechts an seinen Hals. „Geh weg“, rief der zitternde 31-Jährige mehrmals und deutete den Anwälten und Justizvollzugsbeamten mit der linken Hand an, Abstand zu halten.

Nachdem seine Verteidiger wenige Minuten lang versucht hatten, ihn zu beruhigen, verlor der Angeklagte die Kontrolle und sank zu Boden. Diese Gelegenheit nutzen die anwesenden JVA-Beamten, um ihn zu überwältigen und ihm den scharfen Gegenstand abzunehmen. Der gebürtige Türke, dem vorgeworfen wird, vergangenes Jahr die Gebäude Hechinger Straße 36 und 38 in Tailfingen angezündet zu haben, um Versicherungssummen für sein dort befindliches Möbelgeschäft zu kassieren, war zuvor gewaltig unter Druck geraten. Mit Hilfe seines Buchhalters im Zeugenstand deckten Staatsanwaltschaft und Gericht nämlich zwei mögliche weitere Betrugsfälle innerhalb seines Betriebes auf. So sei der in der Filiale arbeitende Bruder des Angeklagten teilweise nicht gemeldet gewesen, zudem erhärtete sich der Verdacht, dass der Angeklagte im Jahr 2013 im Zuge eines Wasserschadens seiner Versicherung wichtige Informationen vorenthalten habe.

Ohnehin deckten sich die Aussagen des Buchhalters nur selten wirklich mit denen, die der 31-Jährige in vergangenen Vernehmungen gemacht hatte. Hatte jener behauptet, mit dem Möbelgeschäft mehr als gut über die Runden gekommen zu sein, zeichnete der Gewerbeverwalter mit seinen Unterlagen dagegen das Bild eines ziemlich unrentablen Unternehmens. Zudem musste er mehrfach eingestehen, die Finanzströme des Geschäftes, das eine weitere Filiale in Augsburg besitzt und eng mit einem Möbelunternehmen in der Türkei zusammenarbeitet, nur lückenhaft überblicken zu können.

So habe der Angeklagte kein Kassenbuch geführt, auch Rechnungen seien nur eingeschränkt einsehbar gewesen. Zudem sagte eine Zeugin aus, der 31-Jährige habe ihre Ratenzahlungen für gekaufte Möbel ausschließlich bar und ohne Belege und Quittungen entgegengenommen.

Nach einer ärztlichen Untersuchung fing sich der Angeklagte schnell wieder und versprach in Handschellen, keine weiteren Aktionen zu unternehmen. Seine Dolmetscherin meinte: „Er sagt, er hat seit Tagen nichts gegessen.“ Zudem weigerte er sich, Wasser zu trinken. Ob es sich bei dem scharfen Gegenstand, wie unmittelbar nach dem Vorfall im Saal geäußert, wirklich um eine Rasierklinge aus der JVA gehandelt hat, konnte das Gericht am Montag nicht mehr vor Redaktionsschluss kommentieren. Die Verhandlung geht am Mittwoch weiter.

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