Berlin/Balingen

„Wir konnten die Geschichte so nur im Netz erzählen“

05.12.2014

von Michael Würz

Wie werden Journalisten in Zukunft Geschichten erzählen? Vielleicht so wie Julius Tröger. Der aus Balingen stammende Onlineredakteur der Berliner Morgenpost erhielt jetzt den Deutschen Reporterpreis.

„Wir konnten die Geschichte so nur im Netz erzählen“

© Amin Akhtar

So sehen glückliche Gewinner aus: Julius Tröger (Zweiter von links) und seine Kollegen halten den Deutschen Reporterpreis in ihren Händen.

Als Julius Tröger am Montagabend den Preis in seinen Händen hält, ist er überwältigt. Der 31-Jährige hatte sich mit seinen Kollegen gegen harte Konkurrenz durchgesetzt – darunter etwa ‚Zeit Online‘ und die Neue Zürcher Zeitung. Für die Multimediageschichte ‚Die Narbe der Stadt‘ sind Uta Keseling, Moritz Klack, David Wendler, Videoreporter Max Boenke und Julius Tröger dem 167 Kilometer langen ehemaligen Mauerstreifen um Berlin gefolgt – auf der Straße und im Netz. „Meine Kollegin war immer wieder mit dem Fahrrad unterwegs und hat einzelne Stationen fotografiert“, verrät Tröger.

Auf einer eigenen Internetseite zeigten die Reporter Karten, Filme, Fotos, Texte – und erinnerten so interaktiv und mitreißend an die Mauer. „Wir saßen vor Monaten in der Redaktion in Berlin und haben überlegt, wie wir über den 25. Jahrestag des Mauerfalls berichten“, erzählt Tröger. Den jungen Medienmachern war von Anfang an klar: „Wir wollten etwas Besonderes produzieren, auch wenn das mit Aufwand verbunden ist.“

Dass daraus eine Webreportage entstehen würde, die gar die kritische Jury des renommierten Deutschen Reporterpreises überzeugen würde, ahnte damals noch niemand. „Es ist eine große Ehre, dass wir als lokales Medium den Preis erhalten haben“, sagt Tröger. Kein Wunder also, dass der Balinger am Dienstagmorgen gemeinsam mit seinen drei Kollegen in der Redaktion der Berliner Morgenpost erst einmal gebührend gefeiert wurde. 

Außergewöhnlich: Die Berliner Morgenpost berichtete zunächst ausschließlich online. Die komplette Multimediareportage war schon mehrere Wochen abrufbar, bevor die Geschichte am 9. November auch in der Printausgabe erschienen ist. „Wir konnten die ganze Geschichte in dieser Form nur online erzählen“, betont Tröger. So arbeiteten die Reporter etwa mit alten Fotos und stellten sie aktuellen Aufnahmen der einzelnen Orte gegenüber. Dazu kam Reporterglück: Während der Produktion tauchten bislang nicht bekannte Luftbilder im Stadtarchiv auf, geschossen aus den ersten Militärmaschinen, die über die Mauer geflogen waren.

„Während wir die Reportage produziert haben, kamen immer wieder Kollegen aus der Redaktion zu uns, die völlig fasziniert waren“, schildert Tröger. Da wussten die Reporter, dass sie an einem ganz besonderen Projekt arbeiteten. Doch nicht nur die Reporter der Berliner Morgenpost zogen in dieser Woche die Aufmerksamkeit auf sich. Die Online-Kollegen der Heilbronner Stimme arbeiteten die Bombardierung Heilbronns am 4. Dezember 1944 in einer beeindruckenden und sehenswerten Multimediareportage auf.

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