Viele Zufälle lösen das Rätsel um historisches Foto aus Geislingen

Von Rosalinde Conzelmann

Dank eines Flohmarktkaufes, eines aufmerksamen Schultes und dem Internet kehrt ein über 50 Jahre altes Foto jetzt nach Geislingen zurück.

Viele Zufälle lösen das Rätsel um historisches Foto aus Geislingen

Hier ist das Schindelhaus in der Biergartenstraße 5 zu sehen, in dem die Familie Schlaich lebte. Tochter Rose wurde im Garten fotografiert. Beide Aufnahmen sind in den 1950er-Jahren entstanden.

Ein Sammler kauft eine über 50 Jahre alte Kamera auf einem Flohmarkt. Er lässt den Film darin entwickeln, stellt die noch brauchbaren Fotos ins Netz und weiß nach eineinhalb Tagen, wo die Bilder gemacht worden sind und wer darauf abgebildet ist. Eine verrückte Geschichte, bei der ein Zufall nach dem anderen zum Erfolg geführt hat.

Die Akteure des „Bilderrätsels“ sind der Sammler Nico Fritz aus Aichtal-Neuenhaus, Geislingens Bürgermeister Oliver Schmid und als letztes Glied in der „Aufklärungskette“ ältere Geislinger Bürger, die sich an die 1950/1960er-Jahre noch gut erinnern und die abgebildeten Örtlichkeiten zuordnen konnten. Das Schöne: Die Geschichte ist damit nicht zu Ende, das Happy End kommt noch: Die Fotos sollen zurückkehren in die Sonnenstadt – zur Familie der Fotografierten und – vorausgesetzt diese ist damit einverstanden – in das Geislinger Stadtarchiv.

Und jetzt der Reihe nach: Der Hobbyfotograf und Kamerasammler Nico Fritz hat vor einem Jahr auf dem Tübinger Flohmarkt eine alte Kamera gekauft, eine Voigtländer Brillant, auch als zweiäugige Spiegelreflexkamera bekannt. Diese Mittelformatkamera mit zwölf Aufnahmen wurde ab 1932 gebaut. Fritz nahm die Kamera erst wieder ein Jahr später in die Hand und entdeckte, dass noch ein Film drin war. Er ließ ihn entwickeln.

Die drei noch brauchbaren Aufnahmen zeigten zweimal das gleiche Mädchen im Garten eines Gebäudes und einmal die Kirche. „Ich wollte die Menschen ausfindig machen und stellte die Aufnahmen deshalb in ein weltweites Personensuchportal“, berichtet der 32-Jährige.

In dem Portal wurde das Posting gleich vielfach geteilt, auch in der Gruppe „Du weißt, dass Du aus Tübingen bist.“ Und just diese Facebook-Gruppe klickt auch Geislingens Bürgermeister Oliver Schmid, der in Tübingen aufgewachsen ist, immer mal wieder an. Auch am Mittwochabend. Er schaute sich das Bild mit den Gebäuden genau an, erkannte die Geislinger Kirche und teilte Nico Fritz' Aufruf sofort in der Geislinger Gruppe.

Das war der Durchbruch – innerhalb von fünf Minuten war die Identität des fotografierten Hauses und des jungen Mädchens geklärt. Gerda Flieg, eine nahe Verwandte, erkannte das Schindelhaus in der Biergartenstraße 5 sofort. Dort lebte die Familie Anna („Kreuzlinger Annale“) und Josef Schlaich (der „Kassensepp“) mit ihren drei Kindern. Zwei Fotos zeigen Tochter Rose im Garten.

Auch andere Geislinger meldeten sich zu Wort. Eine Frau schrieb: „So eine schöne Geschichte.“ Der Schultes war perplex und jubelte: „Wahnsinn.“ Auch Stadtarchivar Alfons Koch kommentierte: „Super!“

Schmid hat dann gleich Kontakt zu Nico Fritz aufgenommen, der einem Treffen in Geislingen zustimmte. Sollte das Mädchen Rose, das heute 70 Jahre alt ist, zustimmen, werden die Kamera und der Film im Stadtarchiv eine neue Heimat finden. Fritz ist noch immer baff, welche Kreise die Geschichte zieht: „Das Radio und das Regionalfernsehen haben sich schon bei mir gemeldet.“