Kinder und die Kunst

Malen, basteln und sich in andere Welten versetzen: Professor Constanze Kirchner erzählt, warum Kinder Kunst brauchen.

Kinder und die Kunst

„Artistin Marcella“ betitelt Ernst Ludwig Kirchner dieses Gemälde (Ausschnitt). Das Bild aus dem Jahr 1910 wird zusammen mit zahlreichen anderen Werken vom 2. Juli bis zum 3. Oktober in der Balinger Stadthalle zu sehen sein.

„Kinder zeichnen und malen meist lustvoll und aus eigenem Antrieb“, sagt Professor Constanze Kirchner, Lehrstuhlinhaberin für Kunstpädagogik an der Universität Augsburg. Kunst sei für Kinder aber weit mehr ist als bloßer angenehmer Zeitvertreib. Dies habe entwicklungspsychologische Ursachen: Kinder verarbeiten, ordnen und strukturieren ihre Erlebnisse bildnerisch. Gestalten bedeute, Ereignisse deutlich verlangsamt zu verarbeiten.

Eine Szene müsse in einzelne Abschnitte gegliedert auf Papier gebracht werden. Dadurch werde der Verarbeitungsprozess intensiviert. Innere Welten, über die sonst nicht gesprochen wird, können so kommuniziert werden, erklärt die Expertin. Denn Gestalten heißt auch, bildnerisch in Dialog zu treten, eine Brücke von innen nach außen zu bauen, etwas hervorzubringen, das als Gegenüber kommunizierbar wird.

Zugleich werden beim bildnerischen Tun aktiv innere Bilder und Fantasien entwickelt, so Kirchner. Dies sei besonders wichtig, weil das Vorstellungsvermögen durch den alltäglichen Medienkonsum geschwächt werde. Denn die schnellen Medienbilder müssten passiv verfolgt werden, um sie zu verstehen, womit das eigene Imaginieren – wie beim Lesen, Träumen, Spielen oder Bilder anschauen – verloren gehe. Das Sprechen über Bilder und Kunstwerke erlaubt, Sinn zu stiften und fördert die Sprachentwicklung.

Kunst mache Mut, unkonventionelle Lösungen zu entwickeln und Risikobereitschaft im Experimentieren zu zeigen, so die Professorin. Werde Kreativität und Imaginationskraft gefördert, wachse der Ideenreichtum, flexibles Denken werde ausgebildet. Zudem vermitteln Anstrengung und Ausdauer beim Herstellen eines Bildes Kompetenzgefühle. Ist ein Werk vollbracht, stellen sich Stolz und Selbstbewusstsein ein. Deshalb sagt Professor Constanze Kirchner klar: Kinder brauchen Kunst! Es liegt an den Eltern und Betreuern, das zu ermöglichen.

 

Ernst Ludwig Kirchner für Kinder: Kreatives im Kunstzelt

Programm Die Kunstpädagogen der Jugendkunstschule Balingen bieten für Kinder während der Ausstellung „Kirchner. Modelle, Akte und Koketten“ in der Balinger Stadthalle ein besonderes Kunsterlebnis an. An sieben Sonntagen gibt es extra Programm für kleine Kunstliebhaber.

Erleben Gemeinsam wird kurz die Ausstellung besucht, dann wird im eigens eingerichteten Kunstzelt gezeichnet, gemalt, gedruckt und erzählt. Mit viel Raum für eignes Erleben und Tun erforschen die Kinder Kunst auf ganz eigene Weise. Währenddessen haben die Eltern die Möglichkeit zu einem eigenen Ausstellungsbesuch.

Termine Interessierte Kinder und Jugendliche können an folgenden Sonntagen einfach vorbeikommen und mitmachen: 3. und 17. Juli; 14. und 28. August; 11. und 25. September sowie 2. Oktober. Beginn ist jeweils um 10.30 Uhr. Eine Voranmeldung für die rund zweistündigen Veranstaltungen ist nicht nötig. Ein Unkostenbeitrag für das Material wird erhoben.

Informationen Neben diesem offenen Angebot gibt es auch spezielle Angebote für Kindergärten und Schulklassen. Weitere Informationen gibt es unter www.kunstzelt.info.